"Benutzt Russland jeden Tag" Kiew bittet Westen um Streumunition
17.02.2023, 22:06 Uhr
Explodiert in der Luft über dem Ziel: Streubombe mit mehr als 600 Sprengkörpern. (Archivbild)
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Das Artilleriedauerfeuer in den Schützengräben im Osten der Ukraine leert die Waffenkammern. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz schlägt der Vizepremier eine Lieferung von geächteter Streumunition vor. Auch in der Debatte um Kampfjets hat Kiew neue Ideen, wie es weiter gehen könnte.
Die Ukraine fordert von ihren westlichen Unterstützern umstrittene Streumunition und Phosphor-Brandwaffen für den Kampf gegen Russland. Die USA und etliche andere Verbündete hätten Millionen von Schuss davon, erklärte Vizeregierungschef Olexander Kubrakow am Abend bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Russland nutze diese Art von Kampfmitteln jeden Tag. "Warum können wir sie nicht nutzen? Es ist unser Staatsgebiet", sagte er. Er verstehe die Schwierigkeiten wegen Konventionen. Aber diese Art von Munition könne dazu beitragen, dass man den Angreifern standhalten könne.
Kubrakow spielte damit darauf an, dass der Einsatz von Streumunition völkerrechtlich geächtet ist. Als Streumunition werden Raketen und Bomben bezeichnet, die in der Luft über dem Ziel bersten und viele kleine Sprengkörper freisetzen. Phosphormunition kann bei Menschen schwerste Verbrennungen und Vergiftungen verursachen.
Ein Übereinkommen von 2008 verbietet unter anderem den Einsatz von Streumunition und schreibt die Zerstörung von Beständen vor. 123 Staaten haben den Vertrag unterzeichnet. Darunter sind 24 NATO-Staaten, aber nicht die USA. Weder Russland noch die Ukraine gehören dem Abkommen an. Die Streumunition-Koalition besteht aus Nichtregierungsorganisationen in aller Welt, die die Einhaltung des Übereinkommens überwachen.
Kampfjets: Mit dem Training der Piloten schon mal beginnen
Kubrakow warb zudem erneut um die Lieferung von Kampfjets. Das Thema sei schwierig, aber warum könne man nicht zumindest schon einmal mit Trainingsprogrammen für ukrainische Piloten beginnen, fragte er. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki machte deutlich, dass sein Land bereit wäre, gemeinsam mit anderen Verbündeten Kampfjets an die Ukraine zu liefern. Als Voraussetzung nannte er allerdings eine "NATO-Entscheidung" für einen solchen Schritt. Auf die Frage, ob Polen auch Kampfjets vom Typ F-16 aus US-Produktion an die Ukraine abgeben würde, sagte er, Polen habe nicht so viele Flugzeuge dieses Typs. Andere könnten aber geliefert werden. Zum Typ äußerte er sich nicht. Nach Daten des Internationalen Instituts für Strategische Studien (IISS) besaß Polen neben F-16 zuletzt unter anderem auch noch Kampfflugzeuge des sowjetischen Typs MiG-29 und Su-22.
Im vergangenen März hatte der damalige Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Europa, Tod D. Wolters, zum Thema Kampfjet-Lieferungen noch erklärt, die Weitergabe von MiG-29 könne nach Einschätzung von Geheimdiensten von Moskau missverstanden werden und in einer Eskalation Russlands mit der NATO resultieren. Dies sei ein Hochrisiko-Szenario, sagte der Vier-Sterne-General. Deutlich anders als Wolters äußerte sich am Abend der Minderheitenführer im US-Senat, Mitch McConnell. Der Republikaner bejahte die Frage, ob er F-16 an die Ukraine abgeben würde, wenn er es entscheiden könnte. Der demokratische US-Präsident Joe Biden und Bundeskanzler Olaf Scholz wollen solche Waffensysteme bislang nicht an die Ukraine liefern.
Genau wie bei den Panzern könne man verantwortlich im Voraus sagen, "dass das Problem der Flugzeuge gelöst wird", sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba nach Angaben Kiewer Medien in München. "Es wird ein wenig mehr Zeit brauchen." Die Diskussion über die Flugzeuge werde anders strukturiert sein. "Aber diese Arbeit hat bereits begonnen", sagte Kuleba.
Quelle: ntv.de, mau/dpa