Wir brauchen keine feigen Briefe Klitschko liest "Intellektuellen" die Leviten
03.05.2022, 18:09 Uhr
"Um Freiheit und Gerechtigkeit zu verteidigen, muss man kämpfen": Ex-Boxweltmeister Wladimir Klitschko.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Viele deutsche Kulturschaffende sorgen sich vor einem Dritten Weltkrieg und wollen mit einem Appell an Kanzler Scholz weitere Waffenlieferungen an die Ukraine bremsen. Aus Kiew antwortet ihnen Wladimir Klitschko und verbittet sich solch "feige Briefe".
In einer Antwort auf den Offenen Brief deutscher Prominenter an Bundeskanzler Olaf Scholz hat Wladimir Klitschko eine Kapitulation der Ukraine rundweg abgelehnt. In einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schreibt Klitschko, "wir werden unsere Identität nicht aufgeben, um den mörderischen Wahnsinn und die überholten Träume eines Diktators zu besänftigen. Und schon gar nicht, um einigen "Intellektuellen" zu gefallen, die den Sinn für die Realität und die Vernunft verloren zu haben scheinen".
28 Prominente wie die Feministin Alice Schwarzer, der Schriftsteller Martin Walser und der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar hatten in einem Offenen Brief an Scholz appelliert, nicht noch mehr schwere Waffen an die Ukraine zu liefern. Dem russischen Präsidenten Wladimir Putin dürfe kein Motiv für eine Ausweitung des Krieges auf die NATO geliefert werden, schreiben die Unterzeichner. Sie warnen vor der Gefahr eines Dritten Weltkrieges. Zu den Erstunterzeichnern gehören der Autor Alexander Kluge, der Rechtsphilosoph Reinhard Merkel, der Sänger Reinhard Mey, die Kabarettisten Gerhard Polt und Dieter Nuhr, die Schauspieler Lars Eidinger und Edgar Selge und die Schriftstellerin Juli Zeh.
Kein Frieden um jeden Preis
Ohne einzelne Unterzeichner beim Namen zu nennen, wandte sich Klitschko gegen den pazifistischen Grundtenor des Briefs: "Blinder Pazifismus ist genauso gefährlich wie glückselige Kriegstreiberei." Die sogenannten Pazifisten wollten gestern wie heute den Frieden um jeden Preis, schrieb er. "Frieden um jeden Preis, aber um welchen Preis? Unsere Freiheit? Unsere Identität? Unsere Integrität? Das absolut Gute ist nicht der Frieden, sondern die Freiheit und die Gerechtigkeit. Und um sie zu verteidigen, muss man kämpfen."
Den Verfassern teilte der Bruder des Kiewer Bürgermeisters mit, was der Ukraine im Angesicht der russischen Aggression eine Hilfe sei und was nicht: "Wir brauchen keine abstrakten Moralpredigten, sondern konkrete Unterstützung in Form von Medikamenten, Materialien und Waffen. Wir brauchen keine feigen Briefe, die den Opfern Schuldgefühle einreden, sondern mutige Briefe, die die russische Barbarei anprangern und zum Boykott von russischem Öl, Gas und Kohle aufrufen."
"Völliger Unsinn"
Während sein Land die Kriegsverbrechen im Kiewer Vorort aufkläre, weitere Gräueltaten befürchte und die russische Offensive im Osten abwehre, beschreibe der Brief den ukrainischen Widerstand als Kriegstreiberei, die eine Provokation des russischen Präsidenten darstelle. Dies sei "völliger Unsinn". "Für das russische imperialistische Regime ist schon unsere Existenz eine Provokation, weil wir eine Demokratie sind."
Auch die Ukraine wolle Frieden. Sie wolle ihr altes Leben zurück. Und sie wolle nach vorne blicken in Freiheit und Wohlstand. "Die einzige Möglichkeit, diesen Krieg zu beenden, besteht darin, Putins Russland zu zeigen, dass die ganze Welt diese Aggression ablehnt und die Einnahmequellen, die diesen blutigen Krieg finanzieren, versiegen zu lassen, schrieb Klitschko am Ende seines Gastbeitrags in der FAZ. Die Ukraine "weiß, dass sie auf das deutsche Volk, ihr Brudervolk, zählen kann".
Quelle: ntv.de, mau