"Autoritäre Tendenzen"Koalitionsaus in Brandenburg? Vier Abgeordnete verlassen BSW

Hiobsbotschaft für die Regierungskoalition in Brandenburg. Gleich vier Abgeordnete verlassen das BSW und sprechen von "autoritären Tendenzen" in der eigenen Partei. Die absolute Mehrheit ist damit dahin.
Die SPD/BSW-Koalitionskrise spitzt sich zu: Vier BSW-Landtagsabgeordnete in Brandenburg treten aus der Partei aus. Als Grund für den Schritt gaben Jouleen Gruhn, Melanie Matzies, André von Ossowski und Reinhard Simon in einer Erklärung unter anderem an, es dominierten radikalisierte Positionen im BSW. Sie wollten aber in der Fraktion bleiben. Nach dpa-Informationen wollen sie parteilos bleiben.
Was das für das Bündnis aus SPD und BSW heißt, ist völlig unklar. Bislang verfügte die Koalition im Landtag mit 46 Stimmen über die absolute Mehrheit. Mit dem Austritt von vier BSW-Abgeordneten und somit nur noch 42 Sitzen hätte die Koalition in Potsdam keine eigene Mehrheit mehr im Potsdamer Parlament. Insgesamt sitzen 88 Abgeordnete im Landtag. Für eine Mehrheit braucht es mindestens 45 Delegierte.
"Autoritäre Tendenzen prägen zunehmend mehr das innerparteiliche Klima, der Druck auf Abgeordnete wächst, während offene Diskussionen und die Einbindung unterschiedlicher Stimmen in den Hintergrund treten", heißt es in der Erklärung. "Es dominieren radikalisierte Positionen – ein Kurs, der weder dem Anspruch einer pluralistischen Bewegung noch dem einer demokratischen Partei gerecht wird." BSW-Finanzminister und Vize-Ministerpräsident Robert Crumbach sagte: "Kein Kommentar."
Die Koalition war wegen des Streits um zwei Medienstaatsverträge in die Krise geraten. Dabei geht es um die Reform von ARD, ZDF und Deutschlandradio sowie um mehr Jugendmedienschutz. Die BSW-Fraktion hatte mehrheitlich angekündigt, dagegen zu stimmen. Sie fordert eine weitgehende Reform und befürchtet bei den Plänen zum Jugendmedienschutz übermäßige staatliche Eingriffe.
Die BSW-Fraktion war gespalten: In einer internen Abstimmung votierte die Mehrheit gegen die Staatsverträge, drei enthielten sich, einer war dafür. BSW-Minister Crumbach hatte mit dem Kabinett im Frühjahr den Verträgen zugestimmt. Der BSW-Bundesvorstand lehnte sie Anfang November ab. Dann eskalierte der Streit: Vier Abgeordnete stellten einen Misstrauensantrag gegen den Fraktionsvorstand um den Vorsitzenden Niels-Olaf Lüders.
Für den Hauptausschuss am Mittwoch - eine Vorabstimmung - wurde erwartet, dass Crumbach mit Ja stimmt, BSW-Fraktionschef Niels-Olaf Lüders mit Nein. Bei der Entscheidung im Landtag wollte die BSW-Fraktion laut Lüders am 19./20. November mehrheitlich mit Nein stimmen. Die SPD-Landtagsfraktion erklärte vor der Ankündigung des Parteiaustritts der vier BSW-Abgeordneten, trotz des mehrheitlichen Neins des BSW an der Koalition festhalten zu wollen.