Strack-Zimmermann bei Lanz "Könnte mir vorstellen, Pistorius kann es"
18.01.2023, 04:11 Uhr
"Ich hätte es gemacht, aber es stand nie zur Debatte", sagt Strack-Zimmermann.
(Foto: picture alliance/dpa)
Mit Boris Pistorius hat Deutschland einen neuen Verteidigungsminister. Am Donnerstag soll er vereidigt werden. In der ZDF-Talkshow Markus Lanz diskutieren die Gäste am Dienstagabend über den neuen Minister und seine Vorgängerin sowie die Aufgaben, die jetzt anstehen.
Markus Lanz ist enttäuscht. Er hätte so gerne die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann als neue Verteidigungsministerin gesehen. Das sagt er ein ums andere Mal am Dienstagabend in seiner Talkshow im ZDF. Auch den CDU-Politiker Roderich Kiesewetter hätte er sich in dem Amt vorstellen können, auch wenn dessen Partei bei den letzten Bundestagswahlen unterlegen ist. Aber was sind schon Wahlen? Seine Gäste sind nicht uneingeschränkt seiner Meinung, als sie über den neuen Verteidigungsminister diskutieren. Dabei hagelt es Kritik an der Vorgängerin von Boris Pistorius, der am Donnerstag vereidigt wird. Es ist ausgerechnet Strack-Zimmermann, die hier und da auch positive Seiten an Christine Lambrecht sieht. Doch fangen wir vorne an.
"Ich hätte es gemacht"
Die Frage, ob sie neue Bundesverteidigungsministerin werden würde, habe sich nie gestellt, sagt die FDP-Politikerin. Das Verteidigungsministerium sei ein SPD-Ressort. "Wenn da ein Minister zurücktritt, wird der aus den eigenen Reihen besetzt." Das sei Politik, sagt Strack-Zimmermann richtig. "Ich hätte es gemacht, aber es stand nie zur Debatte." Ob Pistorius der richtige Minister sei, will Moderator Markus Lanz wissen. "Ich fand die Überlegung, dass er jetzt ausgewählt wurde, ganz interessant", antwortet die Verteidigungsexpertin. "Ja, ich kann mir vorstellen, er kann es." Wichtig sei, dass er am Kabinettstisch die Interessen der Bundeswehr vertrete. Aber immerhin sei Pistorius jahrelang Innenminister gewesen. Folglich kenne er sich mit innerer Sicherheit aus, und er habe einen besonderen Zugang zur Polizei.
"In der niedersächsischen Polizei kommen aber vergleichsweise wenig "Leopard"-Panzer und Kampfflugzeuge zum Einsatz", kontert RTL- und ntv-Politik-Chef Nikolaus Blome, womit er nicht ganz Unrecht hat. Bundeskanzler Scholz hätte seiner Ansicht nach den Parteienproporz nicht unbedingt berücksichtigen müssen. "Aber so weit ist der Kanzler gedanklich gar nicht gegangen." Immerhin habe Scholz jemanden für das Amt ausgewählt, der sich relativ schnell im Ministerium Respekt verschaffen könne. "Denn dafür ist Pistorius bekannt, dass er robust auftritt und auch mal sagt: 'So wird's gemacht, und der Rest muss jetzt mal die Klappe halten'." So müsse Pistorius handeln, "um den Laden in den Griff zu kriegen", sagt Blome.
Militärexperte Sönke Neitzel erklärt, was seiner Ansicht nach für das Amt des Verteidigungsministers wichtig ist: Fachkompetenz, Führungsqualität, die Unterstützung des Bundeskanzlers und international ein sicheres Auftreten. Und dann fällt Neitzel ein vernichtendes Urteil: "Wahrscheinlich haben wir niemanden in ganz Deutschland, der alle vier Bereiche gleichermaßen erfüllt."
Das wichtigste sei, die Verwaltung schnell zum Laufen zu bringen, um das im Moment beinahe im Überfluss vorhandene Geld klug auszugeben, damit die Truppe richtig ausgestattet sei, analysiert Blome. Das traue er Pistorius zu.
"Sie wurde gejagt"
Und gerade in diesem Punkt hat Noch-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht offenbar versagt. Strack-Zimmermann nennt einen möglichen Grund: Lambrecht habe sich einen anderen Ministerposten gewünscht, sie sei in ihrem Amt nicht glücklich gewesen. Kurz nach ihrer Ernennung habe dann der Krieg in der Ukraine begonnen, und das sei dann ein Tick zu viel gewesen. "Am Ende hat sich die Ministerin gejagt gefühlt. Und sie wurde gejagt", analysiert die FDP-Politikerin.
Das sieht Nikolaus Blome anders. "Sie verwechseln da was", sagt er. "Nicht diese Person ist gejagt worden, sondern diese Person ist durch eigenes Zutun, vor allem aber durch die Umstände, in ein Rampenlicht geraten, das viel heller und greller war als für alle Vorgänger in den letzten dreißig Jahren." Dadurch habe man bei der Ministerin genauer hingeschaut, aber auch bei der Bundeswehr, deren desolater Zustand dadurch augenfälliger geworden sei.
Was Lambrecht eigentlich wirklich entscheiden konnte, fragt Lanz. So richtig kann das kein Gast beurteilen, aber der Verdacht kommt auf, dass Bundeskanzler Scholz nicht in allem Punkten hinter ihr gestanden hat. "An den großen Linien konnte sie tatsächlich nichts ändern", räumt Nikolaus Blome ein.
"Sie hat aber auch Dinge abgeräumt", erklärt Strack-Zimmermann. So habe Lambrecht die Tornado-Nachfolge geklärt oder die Beschaffung von bewaffneten Drohnen angekündigt. "Sie hat das in ihrer Regie abgeräumt, was wir als freie Demokraten in der Opposition immer wieder gefordert haben."
Auf Lambrechts Nachfolger kommen jetzt schwere Aufgaben zu. Für ntv-Politik-Chef Blome ist ein wesentlicher Punkt, die Struktur des Beschaffungsamts in Koblenz zu reformieren. Strack-Zimmermann fordert vor allem, den Generalstab zu verkleinern, und Neitzel wünscht sich nichts weniger als die Neugründung der Streitkräfte – eine Aufgabe, die in dieser Legislaturperiode kaum zu bewältigen sein dürfte.
"Die Regierung wird handeln müssen"
An diesem Wochenende wird in Ramstein über weitere Waffenlieferungen an die Ukraine diskutiert. Dabei könnte es auch um die Lieferung des "Leopard"-Panzers gehen. Und da ist sich Sönke Neitzel sicher: Der Druck auf die Bundesregierung, der Lieferung zuzustimmen, werde so groß, dass Bundeskanzler Scholz nachgebe. "Die Bundesregierung wird handeln müssen, und ich glaube, das wird der Ukraine helfen."
Das sieht auch Nikolaus Blome so: "In dem Maße, in dem wir bisher geliefert haben und noch liefern werden, sind wir eine Partei in diesem Krieg. Und das ist auch gut so. Denn die Ukraine kämpft zumindest für die europäischen Staaten einen Krieg, bei dem ihr gefälligst geholfen werden muss."
Quelle: ntv.de