Nachbesserungen gefordert Krankenhausreform: Kassenärztechef warnt vor Scheitern
15.07.2023, 03:18 Uhr Artikel anhören
Glaubt, dass die "eigentliche Arbeit" noch gemacht werden muss: Andreas Gassen.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Der Chef der Kassenärzte, Andreas Gassen, sieht bei der Krankenhausreform von Karl Lauterbach noch viel Verbesserungsbedarf - anderenfalls drohe sie zu scheitern. Der Mediziner macht auch gleich an mehreren Punkten deutlich, wo er Nachholbedarf sieht.
Kassenärztechef Andreas Gassen hat vor einem Scheitern der Krankenhausreform gewarnt, falls die Bund-Länder-Pläne nicht substanziell nachgebessert werden. "Wenn die Ambulantisierung durch Einbindung der Praxen nicht gestärkt wird und die Auswahl der richtigen Kliniken nicht klug und strategisch koordiniert wird, dann wird diese Reform scheitern", sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) der "Neuen Osnabrücker Zeitung". In Deutschland gebe es weiterhin "absurd viele" stationäre Eingriffe, "deswegen ist es höchst ärgerlich und absolut unverständlich, dass die Krankenkassen bei der Ambulantisierung mauern", sagte Gassen. "Noch immer werden viel zu viele Behandlungen stationär erbracht und Versichertengelder verschleudert."
Es sei auch keine Lösung, Krankenhäusern mit geringen Patientenzahlen Vorhaltekosten zu erstatten "für Betten, die niemand braucht", sagte der Kassenärztechef. Auch da müsse bei den Reformplänen "erheblich" nachgebessert werden. Was Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mit den Ländern vereinbart habe beziehungsweise die Länder "durchgesetzt" hätten, "erscheint allenfalls als ein erster Aufschlag", sagte Gassen. "Es war dem Minister offenkundig wichtig, das Thema medial erst einmal abzuräumen. Die eigentliche Arbeit steht noch aus."
Häuser mit 40, 50 oder 100 Betten und geringer Auslastung "sollten geschlossen oder da, wo es sinnvoll ist, in Gesundheitszentren umgewandelt werden", forderte der KBV-Vorsitzende. Dort könnten Praxen angesiedelt werden, die nicht jeden Tag von früh bis spät besetzt sind, wo aber an festgelegten Tagen Hausärzte und Fachärzte Patienten versorgen. "Eine Kleinkrankenhausstruktur mit hohen Verwaltungskosten, schlechter Personalausstattung und stark limitiertem medizinischen Leistungsspektrum braucht man aber nicht", sagte Gassen.
Eine echte Strukturreform würde hingegen die Versorgung und die Arbeitszufriedenheit verbessern und käme allen, insbesondere auch den Menschen in der Region, zugute. "Denn so, wie es ist, ist die Arbeitsbelastung vielerorts dramatisch und die Unzufriedenheit des ärztlichen und pflegerischen Personals hoch", fügte der KBV-Chef hinzu.
Quelle: ntv.de, rog/AFP