Bis zu 30 Jahre Haft Kuba verhängt harte Strafen gegen Demonstranten
02.04.2022, 15:18 Uhr
Am 11. und 12. Juli 2021 kam es in Kuba zu Protesten gegen die Regierung.
(Foto: Ramon Espinosa/AP/dpa)
Bei Protesten im Juli 2021 werden in Kubas Hauptstadt Havanna mehr als Tausend Menschen festgenommen, Hunderte sitzen noch immer im Gefängnis. Wegen "Aufruhrs" werden Kubaner zu Haftstrafen von bis zu 30 Jahren verurteilt. In einem Fall schaltet sich die deutsche Botschaft ein.
Luis Frómeta Compte wollte nur schnell Rum holen gehen. Doch auf dem Weg zum Einkauf schloss sich der in Dresden wohnhafte Deutsch-Kubaner vergangenen Sommer spontan einer Anti-Regierungs-Demonstration in Kubas Hauptstadt Havanna an. Die Folge: Er wurde festgenommen und wegen "Aufruhrs" zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Die harten Urteile gegen die Demonstranten haben viele Kubaner schockiert - und lassen die Angehörigen verzweifeln.
Der 59-jährige Compte war zu Besuch bei seiner Schwester Virgen Frómeta in Havanna. Der Forstarbeiter mit doppelter Staatsbürgerschaft wohnt seit 37 Jahren in Deutschland. Er war bereits einen Monat auf Familienbesuch, als die Unruhen in Kuba eskalierten. Am 12. Juli stieß er auf dem Weg zum Einkaufen auf die Demonstranten und schloss sich ihnen an, filmte die Ereignisse. Fünf Tage später tauchten Zivilpolizisten im Haus der Schwester auf und nahmen ihn mit. Seitdem sitzt er im Gefängnis.
"Ich verlange die sofortige Freilassung meines Bruders", sagt Virgen Frómeta, die Augen voller Tränen. Auch die anderen Häftlinge der Demonstrationen vom 11. und 12. Juli 2021 sollten freigelassen werden, fordert die 56-Jährige. "Niemand stürzt unbewaffnet eine Revolution, nur durch Reden, Demonstrieren, durch das Aussprechen von Dingen, die einem nicht passen, oder durchs Filmen, niemand", erregt sich Virgen Frómeta, schockiert über die Verurteilung ihres Bruders wegen Aufruhrs.
Bei den landesweiten Protesten hatten Tausende Kubaner gegen die Regierung demonstriert. Es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften, ein Mensch starb, Dutzende wurden verletzt. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Cubalex aus Miami wurden 1395 Menschen festgenommen, von denen sich 728 weiterhin in Haft befinden. Im März wurden 128 Kubaner zu Gefängnisstrafen zwischen sechs und 30 Jahren verurteilt. Die Staatsanwaltschaft behauptete, einige Demonstranten hätten "eine Militärintervention der USA" provozieren wollen.
EU: "Unverhältnismäßige" Urteile
Unter den Verurteilten waren auch drei Geschwister: der 25-jährige Yosney Emilio Román, seine 23-jährige Schwester Mackyani Yosney und der 18-jährige Emy Yoslan. Sie wurden wegen Aufruhrs zu zwölf beziehungsweise sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Vater Emilio Román ist verzweifelt. Seine Kinder seien zufällig ins Gewühl geraten und hätten sich mitreißen lassen. Auf Videoaufnahmen ist seine Tochter mit einer Flasche in der Hand zu sehen, ihre Brüder sollen Steine auf Sicherheitsbeamte geworfen haben.
Románs Familie wird ebenso wie die von Luis Frómeta Compte Berufung einlegen. Doch damit nicht genug: Román will, dass seine Kinder Kuba verlassen, sobald sie dazu in der Lage sind. Sie sollen "nicht einen weiteren Tag in diesem Land verbringen, das eine Schande ist".
Die schweren Urteile haben auch über Kubas Grenzen hinaus für Bestürzung gesorgt. Am Mittwoch erklärte die Europäische Union, sie verfolge mit "großer Beunruhigung" die schweren und "unverhältnismäßigen" Urteile in Kuba. Die deutsche Botschaft in Havanna kümmert sich um den Fall Frómeta, wie ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin sagte. Sie stehe in engem Kontakt mit den kubanischen Behörden, dem Anwalt und den Angehörigen des Betroffenen. Sowohl das Auswärtige Amt als auch die Botschaft in Havanna bemühen sich demnach intensiv, konsularischen Zugang zu Luis Frómeta Compte zu erhalten.
Quelle: ntv.de, Leticia Pineda, AFP