Politik

Mehrere Großdemos geplant Lage in Chemnitz ist angespannt, aber ruhig

"Chemnitz ist weder grau noch braun" - das Plakat wurde am berühmten Marx-Denkmal befestigt.

"Chemnitz ist weder grau noch braun" - das Plakat wurde am berühmten Marx-Denkmal befestigt.

(Foto: REUTERS)

Ein Großaufgebot der Polizei soll mehrere Demonstrationen in Chemnitz absichern. Eine erste, kleine Kundgebung bleibt friedlich. Derweil wendet sich ein Bündnis aus Bürgern und Unternehmen aus der sächsischen Stadt gegen Hass und Gewalt.

In Chemnitz wappnet sich die Polizei für mögliche neue Auseinandersetzungen. In der sächsischen Stadt werden Tausende Menschen zu Demonstrationen erwartet. Die Polizei geht von einer Teilnehmerzahl im unteren fünfstelligen Bereich aus. Die Polizei war zurückhaltend im Stadtgebiet auf Streife, sie bezeichnete die Lage am Vormittag als weiterhin ruhig. Auch in der Nacht war es ruhig geblieben.

In einer ersten Kundgebung demonstrierten etwa 50 Menschen für Frieden. Unter dem Motto "Chemnitz bunt statt braun" sprachen und diskutierten Vertreter verschiedener Friedensgruppen mit Passanten. Das Wahrzeichen der Stadt, der Karl-Marx-Kopf im Zentrum, war über Nacht mit bunten Papierherzen beklebt worden.

Später werden eine Großdemonstration gegen Fremdenfeindlichkeit, aber auch eine AfD-Kundgebung und Proteste von Rechtsextremen erwartet. Die Polizei ist mit einem Großaufgebot im Einsatz.

Bundesaußenminister Heiko Maas rief auf Twitter dazu auf, "entschlossen für die Demokratie einzutreten". Er verwies auf den Beginn des Zweiten Weltkriegs vor 79 Jahren. "Wenn heute wieder Menschen mit Hitlergruß durch die Straßen ziehen, bleibt unsere Geschichte Mahnung und Auftrag, entschlossen für Demokratie einzutreten." Maas nannte auch das Motto der Demonstration gegen Fremdenfeindlichkeit in Chemnitz, "Herz statt Hetze". Unter diesem Motto wollen mehrere Vereine, Gewerkschaften, SPD, Grüne und Linke eine Kundgebung veranstalten.

"Weder grau noch braun"

Derweil rief ein Bündnis von Bürgern, Unternehmen und Wissenschaftlern der Stadt die Bewohner zu mehr Engagement für ein friedliches Miteinander auf. Das Bündnis veröffentlichte etwa in der Chemnitzer "Freien Presse" eine großformatige Anzeige mit dem Aufruf "Chemnitz ist weder grau noch braun". Zu den Unterzeichnern gehören zahlreiche in Chemnitz ansässige Firmen.

Chemnitz habe "seine guten Seiten und seine Probleme", heißt es in dem Aufruf. Die Stadt könne aber nicht mit "Hass, Gewalt, Intoleranz und vor allem Wegschauen" leben. In den vergangenen Jahren sei aus einer grauen Stadt ein buntes, lebenswertes Chemnitz geworden. "Wir müssen und wollen uns wieder einschalten, damit aus bunt nicht braun wird." Vor allem wolle das Bündnis zeigen, dass die Mehrheit in der Stadt "demokratisch und offen denkt". Diese Verantwortung müsse jeder übernehmen.

In Chemnitz war in der Nacht zum Sonntag ein 35-jähriger Deutscher getötet worden. Zwei Männer aus Syrien und dem Irak sitzen deswegen in Untersuchungshaft. Dem Verwaltungsgericht Chemnitz zufolge hätte der Iraker im Mai 2016 nach Bulgarien abgeschoben werden können. Dies sei aber nicht vollzogen worden, weshalb die Überstellungsfrist von sechs Monaten abgelaufen sei. Auch soll er einem Medienbericht zufolge gefälschte Personaldokumente besessen haben.

Demo von Rechtsradikalen missbraucht

Am vergangenen Sonntag gab es Demonstrationen in der Stadt, an denen sich gewaltbereite Rechtsextreme beteiligten, es kam zu Angriffen auf Ausländer. Am Montagabend kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Rechten und Linken, bei denen mehrere Menschen verletzt wurden.

Der AfD-Co-Vorsitzende Alexander Gauland mahnte eine Aufklärung der Messerattacke an und verurteilte das Zeigen des Hitlergrußes bei den bisherigen Demonstrationen. Im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks prangerte er an, dass sich Hooligans und Rechtsradikale auf eine Demonstration oder eine Versammlung besorgter Chemnitzer Bürger gesetzt und auch missbraucht hätten. Das wichtigere Thema sei "der Tod eines Unschuldigen durch zwei Menschen, die nicht hier sein dürften und die nicht hier wären, hätte es Frau Merkels Flüchtlingspolitik nicht gegeben".

Justizministerin Barley hatte zuvor dem Südwestrundfunk gesagt: Wer auf einer Demo unterwegs sei, "wo die Leute rechtsradikale Sprüche brüllen, Menschen angreifen und den Hitlergruß zeigen, der kann sich nicht mehr verstecken und sagen: 'Ich bin ja nur ein besorgter Bürger'. Dann ist man Teil eines rechtsradikalen Mobs."

Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP/rts

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