Anzeige von Mordopfer-Familie Landtag hebt Immunität von Höcke auf
14.12.2018, 12:55 Uhr
Björn Höcke weist die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen zurück.
(Foto: picture alliance/dpa)
Mitte des Jahres wird die Studentin Sophia Lösche beim Trampen mutmaßlich von einem Lkw-Fahrer getötet. Der Verdächtige stammt aus Marokko. Rechte Demonstranten und auch der AfD-Politiker Höcke nutzen das Bild des Opfers für eigene Zwecke.
Dem AfD-Politiker Björn Höcke droht juristisches Ungemach. Der Justizausschuss des Thüringer Landtags hob die Immunität des Fraktionsvorsitzenden auf. Entgegen erster Angaben beantragte die Staatsanwaltschaft Chemnitz nach eigenen Angaben lediglich eine Genehmigung für ein Ermittlungsverfahren. Eine Aufhebung der Immunität wurde demnach nicht direkt beantragt. Dazu gäbe es erst Anlass, wenn als Ergebnis der Ermittlungen ein hinreichender Tatverdacht gegen Höcke vorläge und damit Anklage zu erheben wäre, erklärte die Behörde.
Hintergrund ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft eine Anzeige gegen Höcke, weil er ein Foto der getöteten Tramperin Sophia Lösche aus Bayern unzulässigerweise genutzt habe. Durch die Aufhebung der Immunität kann nun gegen den Landtagsabgeordneten ermittelt werden. Die Angehörigen von Sophia L. machen laut Staatsanwaltschaft geltend, dass ein Bild der jungen Frau widerrechtlich auf eine Demonstration am 1. September in Chemnitz gezeigt worden sei. An dem Tag hatten mehrere tausend Anhänger der AfD und auch der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung in der Stadt demonstriert. Hintergrund war der gewaltsame Tod eines 35-Jährigen.
Laut der Anzeige soll ein Demonstrationsteilnehmer ein Bild von Sophia Lösche gezeigt haben. Die Eltern wurden demnach aber nicht um eine Einwilligung gefragt. Höcke habe auf seiner Facebook-Seite ein Foto des Aufzugs veröffentlicht, auf dem auch der Träger dieses Bildes zu sehen sei. Wie NDR und WDR berichten, prangern die Eltern der Verstorbenen an, der Höcke habe das Bild "widerrechtlich öffentlich zur Schau" gestellt und "für die eigene Gesinnung intrumentalisiert". Es handelt sich um einen möglichen Verstoß gegen das Kunst-Urheberrechtsgesetz.
Die 28-jährige Lösche wollte Mitte Juni von Leipzig aus per Anhalter nach Nürnberg fahren, um von dort weiter in ihre Heimatstadt Amberg zu gelangen. Ein Lkw-Fahrer nahm die junge Frau an einer Tankstelle an der Autobahn 9 in Sachsen mit und brachte sie den Ermittlungen zufolge anschließend in Oberfranken um. Eine Woche später wurde ihre Leiche im spanischen Baskenland gefunden. Der verdächtige Fernfahrer, der aus Marokko stammt, wurde gefasst und Ende August nach Deutschland ausgeliefert.
Höcke wehrt sich gegen Vorwurf
Der AfD-Politiker Höcke selbst weist die gegen ihn erhobenen Vorwürfe als "vollkommen haltlos" zurück. Er habe auf seiner Facebook-Seite Fotos der Demonstration am 1. September in Chemnitz veröffentlicht und damit also lediglich eine öffentliche Veranstaltung dokumentiert. "Mehr gibt es dazu nicht zu sagen", erklärte Höcke.
Die Familie empfindet das Zeigen des Bildes als Stimmungsmache gegen Flüchtlinge. Der Bruder der jungen Frau schilderte laut Bericht, dass seine Schwester in der Flüchtlingshilfe aktiv und mehrfach in einem Camp auf der griechischen Insel Lesbos war. "Ihr Foto auf einer AfD-Homepage zu zeigen, wäre gegen ihre Überzeugungen gewesen." Es gehe mit der Anzeige darum, ein Zeichen zu setzen, dass die Familie nicht einverstanden sei, dass das Bild von Sophia L. missbraucht werde.
Quelle: ntv.de, fzö/AFP/dpa