Und, wie war Ihre Woche, so? Laschet guckt Fußball, Baerbock noch nicht
12.06.2021, 08:13 Uhr
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Die EM geht los, da gucken auch Kanzlerkandidaten Fußball. Die Kanzlerkandidatin noch nicht; sie hat keine Zeit. SPD-Mann Olaf Scholz hat einen Tipp für Jogis Jungs: "Vor dem Anpfiff nicht zu viel auf die Meinung von sogenannten Experten geben, sondern sich auf die eigenen Stärken und das eigene Können konzentrieren."
Laschets Woche: Warten aufs Programm
Von Christian Wilp

Mai 2017, Armin Laschet feiert mit BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke das gewonnene Pokalfinale.
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"Wer Parteiprogramme liest, der liest auch Telefonbücher", heißt es in Berlin. Umso erstaunlicher, wie viele Mitmenschen offenbar sehnsüchtig auf das Wahlprogramm der Union warten. Kanzlerkandidat Armin Laschet wird jedenfalls regelmäßig danach gefragt, und regelmäßig versucht er zu beschwichtigen. Die Vorstellung sei für den 21. Juni geplant, und damit nicht später als in früheren Wahljahren.
Anders als in früheren Jahren steht diesmal vielleicht Interessantes drin. Die Programmatik unter Angela Merkel zeichnete sich dadurch aus, dass sie Forderungen der SPD übernahm, um diese dann als eigene zu verkaufen. Wofür die Union steht, wissen seit der pandemiebedingten Abschaffung der Schwarzen Null selbst die eigenen Leute nicht mehr so genau zu sagen.
Immerhin kennt Laschet schon sein eigenes Programm - während der Fußball-Europameisterschaft. "Wenn es die Zeit zulässt, werde ich mir von wo auch immer die Spiele der deutschen Nationalmannschaft anschauen", sagt Laschet. "Vielleicht gucken wir uns als Familie einige Partien zu Hause an." Und wer holt den Titel? "Deutschland!"
Ob der Anhänger des Viertligisten Alemannia Aachen den Wettbewerb namens Bundestagswahl gewinnen wird, ist völlig offen. Aber bei der Union ist man neuerdings guter Dinge, nicht zuletzt wegen der Formschwäche der politischen Konkurrenz. Man kann auch gewinnen, wissen Fußballer, wenn der Gegner ein Eigentor schießt.
Scholz' Woche: Nicht kirre machen lassen
Von Heike Boese
Bilder, auf denen Olaf Scholz in Anzug und Krawatte inmitten durchtrainierter und halbnackter junger Männer steht und in eine Handy-Kamera strahlt, wird es wohl nie geben. Es ist einfach nicht seine Art. Noch dazu ist Fußball auch nicht sein Sport. Wenn es im Hause Scholz um Fußball geht, dann eher um die Damen von Turbine Potsdam. Seine Frau Britta Ernst, Bildungsministerin in Brandenburg, ist Fan. Dass man selbst zu seinen Zeiten als Erster Bürgermeister von Hamburg nicht wusste, ob er für den HSV oder Sankt Pauli jubelt, sagt schon alles. Die Bundesliga treibt seinen Puls nicht hoch, bei großen Turnieren aber fiebert er schon mal mit. Wobei Fieber bei Scholz eher erhöhte Temperatur meint.
Dem Team von Jogi Löw wünscht der Kanzlerkandidat der SPD natürlich trotzdem Erfolg bei der EM und hat auch direkt einen guten Rat: "Meine Erfahrung: nicht kirre machen lassen. Vor dem Anpfiff nicht zu viel auf die Meinung von sogenannten Experten geben, sondern sich auf die eigenen Stärken und das eigene Können konzentrieren. Denn am Ende zählt nur auf'm Platz."
Stimmt. Im Fußball und in der Politik. Zuletzt am Sonntag in Magdeburg. Das nächste Mal im September in Berlin. Aber wie wusste schon Sepp Herberger: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Das heißt: Sachsen-Anhalt abhaken und nach vorn gucken. Und, klar, das ein oder andere Tor wäre auch hilfreich.
Baerbocks Woche: Führung verspielt
Von Philip Scupin

Linkes Mittelfeld, im Moment aber mit Bruch im Spiel: Annalena Baerbock.
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Annalena Baerbock hat früher Fußball im Verein gespielt, bei TuSpo Jeinsen in Niedersachsen, linkes Mittelfeld. Oder schreibt man besser: Sie soll Fußball gespielt haben? Denn Baerbocks Lebenslauf hatte zuletzt ja einige, sagen wir, Unschärfen, auch wenn die nicht ihre sportliche Biografie betrafen.
Sollte ein Fußball-Kommentator gerade ihre Wahlkampagne aufarbeiten, würde er wohl sagen: "Es war ein Bruch im Spiel." Zu Beginn der Europameisterschaft ist Fußball-Fan Baerbock damit eher nicht nach La Ola zumute. Denn auch diese Woche verlief ungünstig. Neben dem Lebenslauf gab es noch die Benzinpreis-Debatte und die Sachsen-Anhalt-Wahl. Alles irgendwie unschön.
Ob und wie die Chefin EM guckt, konnte ihre Pressestelle für uns aus Zeitgründen vor dem Parteitag nicht mehr herausfinden. Die ersten Spiele aber verpasst sie - eben wegen des Grünen-Treffens. Wenn die Wähler jetzt vier Wochen lang nur Augen für den Fußball haben, dann geht der nächste Baerbock-Fehler vielleicht in den Diskussionen um Löw, Hummels und Müller unter. Der letzte Eindruck vieler Bürger aber ist: Die grüne Kandidatin hat ihre Führung verspielt.
Und dann war da noch: Die nächste Folge im Teststellen-Streit
Von Christian Wilp
Die Wahlkampfposse um die sogenannte Teststelle Heilmann geht in die nächste Runde. Auf, zu, auf: So lässt sich die bisherige Teststellenhistorie zusammenfassen. "Die Gesundheitssenatorin macht jetzt einen Rückzieher", sagt der Bundestagsabgeordnete und Teststellen-Initiator Thomas Heilmann. Sie habe die Zertifizierung zunächst entzogen, auf den anschließenden Widerspruch aber bis gestern Abend nicht reagiert. "Deshalb geht der Testbus ab sofort wieder in Betrieb", frohlockt der CDU-Politiker.
Auslöser und Gegenstand des Streits zwischen der Berliner SPD-Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci und dem Zehlendorfer Direktkandidaten und ehemaligen Berliner Justizsenator Heilmann ist ein Doppeldeckerbus. Dieser sollte in Wahlkampfzeiten ursprünglich als Café durch den Berliner Stadtteil rollen, wurde aber wegen der Pandemie kurzerhand in einen Corona-Testbus umfunktioniert, betrieben von einer örtlichen Apotheke.
Diese Idee erfreute sich zwar bei der Bevölkerung großer Beliebtheit, nicht aber bei der Senatorin, die die Betriebserlaubnis wieder einkassierte. "Bürgertesten heißt, dass die Stelle politisch, religiös neutral sein muss. Wenn auf dem Bus 'Heilmann' steht, dann ist diese Teststelle nicht neutral", so Kalayci.
Heilmann hielt diese Entscheidung von Anfang an für rechtswidrig. In der Impfverordnung stehe nichts von Neutralität. Niemand werde gezwungen, den Bus zu betreten, aber jeder sei herzlich eingeladen. Die Senatorin habe auf den Widerspruch nicht reagiert, "weil sie weiß, dass sie verliert", sagt Heilmann. Die Gesundheitssenatorin ließ verlauten: "Wir kommentieren laufende Verfahren nicht." Fortsetzung nicht ausgeschlossen.
Dies ist die vierte Folge der Wahlkampf-Kolumne "Und, wie war Ihre Woche so?" Folge drei lesen Sie hier.
Quelle: ntv.de