Politik

Druck von innen und außen Libanons Regierung tritt zurück

Regierungschef Diab erklärt das Aus für seine Regierung.

Regierungschef Diab erklärt das Aus für seine Regierung.

(Foto: picture alliance/dpa)

Nach den massiven Protesten der vergangenen Tage im Anschluss an die verheerende Explosion im Hafen von Beirut beugt sich die libanesische Regierung. Ministerpräsident Diab tritt mit seiner Regierung ab. Vier Minister haben ihren Posten bereits geräumt.

Die Regierung im Libanon tritt zurück. Dies teilte Ministerpräsident Hassan Diab in einer TV-Ansprache mit. Die Regierung ist seit der Explosionskatastrophe von Beirut massiv unter Druck geraten, da viele Libanesen das Unglück als Beleg für das Versagen und die Korruption der politischen Führung sehen. Diab sagte, man stehe geeint mit dem Volk im Ruf nach Gerechtigkeit für "dieses Verbrechen".

Der Regierungschef beklagte eine "endemische Korruption" in der politischen Elite seines Landes, die auch zu der Explosionskatastrophe am vergangenen Dienstag geführt habe. Mit ihrem Rücktritt komme die Regierung der Forderung des Volkes nach, "die Verantwortlichen für diese Katastrophe zur Rechenschaft zu ziehen", sagte Diab. Der Ministerpräsident, der keiner Partei angehört, verglich die gesellschaftlichen Auswirkungen der Explosionskatastrophe mit einem "Erdbeben".

Mit Justizministerin Marie-Claude Nadschm und Finanzminister Ghasi Wasni hatten zuvor weitere Mitglieder des Kabinetts von Regierungschef Diab ihren Rücktritt verkündet, wie der libanesische TV-Sender MTV berichtete. Schon am Wochenende hatten Informationsministerin Manal Abdel Samad und Umweltminister Damianos Kattar ihre Ämter aufgegeben.

Vier Minister bereits zurückgetreten

Viele Libanesen machen die Regierung für die verheerenden Explosion am vergangenen Dienstag mit mindestens 160 Toten und mehr als 6000 Verletzten verantwortlich. Die Detonation soll durch große Mengen der hochexplosiven Chemikalie Ammoniumnitrat ausgelöst worden sein, die dort über Jahre ohne Sicherheitsvorkehrungen lagerten. Die Ermittlungen zur genauen Ursache der Katastrophe laufen jedoch noch.

Justizministerin Nadschm hatte ihren Schritt mit der Explosion und den Demonstrationen begründet, wie MTV meldete. Sie war in der vergangenen Woche bei einem Besuch am Ort der Katastrophe von aufgebrachten Menschen beschimpft und mit Wasser bespritzt worden, wie auf einem Video in den sozialen Medien zu sehen war.

In den vergangenen Tagen waren immer wieder Protestkundgebungen in Gewalt und Chaos umgeschlagen. Aufgebrachte Demonstranten wollten am Wochenende Absperrungen zum Parlament durchbrechen, Sicherheitskräfte setzen massiv Tränengas ein. Über Stunden kam es zu Zusammenstößen. Ein Polizist wurde nach offiziellen Angaben getötet, mehr als 200 Menschen erlitten Verletzungen. Aufgebrachte Demonstranten stürmten mehrere Ministerien.

Spenden für Beirut

Bereits vor der Explosion litt die Hälfte der Bevölkerung in Beirut Hunger und lebte unterhalb der Armutsgrenze. Die Stiftung RTL will helfen: Unsere Partner CARE Deutschland e.V. und I.S.A.R. Germany e.V. kümmern sich um die Versorgung von Verletzten und um Notunterkünfte für die unzähligen Obdachlosen, aber auch um langfristige Hilfe für Kinder und Familien, die vor dem Nichts stehen. Sie können uns ganz einfach mit 10 Euro unterstützen.

Schicken Sie eine SMS mit dem Wort BEIRUT an die 44 8 44.

Oder spenden Sie per Überweisung:

Stichwort: Beirut
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Diab erst seit Januar im Amt

Diab hatte erst im Januar nach einer monatelangen Hängepartie das Amt des Regierungschef in dem Land am Mittelmeer übernommen. Er folgte auf Saad Hariri, der nach Massenprotesten Ende Oktober zurückgetreten war. Diabs Regierung wird unter anderem von der Iran-treuen Hisbollah unterstützt, die im Libanon extrem mächtig ist. Wegen einer schweren Wirtschaftskrise und der Corona-Pandemie sind in seiner Amtszeit große Teile der libanesischen Bevölkerung in die Armut abgerutscht. Die nächste Wahl stünde Libanon eigentlich erst 2022 an.

Die Demonstranten verlangten bei den Protesten weitgehende politische Reformen. Entsprechende Forderungen sind auch aus dem Ausland zu hören. So will der Internationale Währungsfonds (IWF) dem Libanon mit einem Rettungspaket helfen, verlangt dafür aber eine politische Einigung auf umfassende Reformen. Bundesaußenminister Heiko Maas will am Mittwoch in den Libanon zu reisen. Neben Soforthilfen, die bei einer Geberkonferenz am Sonntag gesammelt wurden, brauche das Krisenland darüber hinausgehende, längerfristige Unterstützung, sagte er. Diese könne es aber nur geben, wenn auch Reformen eingeleitet würden, die seit langem angekündigt seien. Der Iran indes warnte ausländische Staaten vor einer Einmischung im Libanon.

Quelle: ntv.de, jwu/AFP/dpa

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