"Habe das Ausmaß unterschätzt" Liz Truss: Wurde von Wirtschaftselite gestürzt
05.02.2023, 13:55 Uhr
Truss Amtszeit: 44 Tage.
(Foto: AP)
Liz Truss geht als Premierministerin mit der kürzesten Amtszeit in die Geschichte Großbritanniens ein. Grund dafür soll aber nicht ihre verkorkste Steuerpolitik sein. Der Tory-Politikerin wurde nach eigenen Aussagen übel mitgespielt.
Die frühere britische Premierministerin Liz Truss hat sich erstmals seit ihrem Sturz im Oktober zu Wort gemeldet. In einem Essay im "Sunday Telegraph" machte sie "ein sehr mächtiges wirtschaftliches Establishment und mangelnde politische Unterstützung" für ihr Scheitern verantwortlich. "Als ich die Downing Street betrat, ging ich davon aus, dass mein Mandat respektiert und akzeptiert werden würde. Wie falsch ich doch lag. Ich habe zwar mit dem Widerstand des Systems gegen mein Programm gerechnet, aber ich habe das Ausmaß unterschätzt", sagte Truss.
Ebenso habe sie den Widerstand innerhalb der konservativen Parlamentsfraktion unterschätzt, der sich gegen eine niedrigere Besteuerung und eine weniger regulierte Wirtschaft richtete, erklärte sie der Zeitung. Der Aufruhr um die Senkung des Spitzensteuersatzes sei ein Beleg dafür gewesen. Ihre inzwischen weitgehend rückgängig gemachten Pläne für radikale Steuersenkungen, mit denen sie das Wirtschaftswachstum ankurbeln wollte, aber eine Finanzkrise auslöste, sind inzwischen so gut wie alle zurückgenommen worden. "Ich wollte Premierminister werden, um etwas zu verändern und nicht, um den Niedergang zu verwalten oder zuzusehen, wie unser Land in die Stagnation abgleitet", sagte Truss weiter.
Truss äußerte sich zudem wohlwollend über ihren Vorgänger Boris Johnson. Diesem werden inzwischen Ambitionen auf eine Rückkehr an die Regierungsspitze nachgesagt. Ihren Nachfolger Rishi Sunak erwähnte sie nicht namentlich, ließ aber durchblicken, dass sie seine auf eine Konsolidierung des Haushalts ausgerichtete Steuerpolitik kritisch sieht.
Historisch und wenig rühmlich bleibt ihre Arbeit als Premierministerin dennoch. Truss ging als Premierministerin mit der kürzesten Amtszeit in die Geschichte Großbritanniens ein. Eine Entwicklung, die von der britischen Presse mit eingeleitet wurde. Die Zeitung "Daily Star" hatte sechs Tage vor ihrem Rücktritt einen Video-Livestream gestartet, in dem ein Salatkopf mit Perücke und Kulleraugen verkleidet zu sehen war. Ziel der Aktion: zu sehen, ob Truss länger im Amt bleiben würde als die etwa zehn Tage, die ein Salatkopf genießbar bleibt - am Ende gewann der Salatkopf.
Quelle: ntv.de, mba/dpa