Für und Wider zum Bußgeldkatalog Lühmann: Fahrverbote müssen bleiben
04.07.2020, 09:36 Uhr
Künftige Fahrverbote für Raser führen zu viel Unmut.
(Foto: dpa)
Der neue Bußgeldkatalog sieht seit 1. Mai härtere Strafen für Raser vor. Doch kaum in Kraft wird er von zahlreichen Bundesländern nicht angewendet. Ein Formfehler wird als Begründung angegeben. Die neue Verordnung scheidet die Geister. Sogar für das Verkehrsministerium sind die Strafen zu hart.
Angesichts des umstrittenen neuen Bußgeldkatalogs für Temposünder fordert die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bundestag, Kirsten Lühmann, den Führerscheinentzug für Raser wieder auf die Agenda zu setzen. "Man bringt die Autofahrer durch höhere Bußgelder nicht dazu, ihr Verhalten zu ändern", sagte Lühmann der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post". "Sie werden erst dann vorsichtiger, wenn ein Fahrverbot droht."
Eben sowenig wie Bußgelder hielten Punkte beim Flensburger Kraftfahrtbundesamt Autofahrer von der Überschreitung der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit ab, sagte die ausgebildete Polizistin Lühmann. "Deshalb müssen wir zur vorgeschlagenen Lösung zurückkehren: Lieber vier Wochen Führerscheinentzug als Warnschuss bei Tempoüberschreitungen", forderte die SPD-Politikerin.
Formfehler und Unverhältnismäßigkeit
Wegen eines Formfehlers wollen zahlreiche Bundesländer den neuen Bußgeldkatalog vorerst nicht anwenden. Über eine Rücknahme der härteren Strafen bei Tempoverstößen wird bereits seit Längerem diskutiert. Das Bundesverkehrsministerium selbst bezeichnete die Strafen als "unverhältnismäßig".
Auch die Landesverkehrsminister von SPD und Grünen stellen sich im Streit über härtere Strafen für Temposünder gegen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, der die im April vom Bundesrat beschlossenen härteren Strafen für Temposünder wieder abmildern möchte. "Eine Rücknahme der schon seit langem fälligen Verschärfungen wäre ein Rückschlag für die Verkehrssicherheit und ein völlig falsches Signal an Raser", sagte der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann der "Welt". Er wolle deshalb versuchen, die formalen Mängel der Verordnung zu beheben, ohne deren Inhalte zu verändern.
Kritik: "Rücknahme durch die Hintertür"
Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig will an dem im April verabschiedeten Bußgeldkatalog mit seinen empfindlichen Strafen festhalten. "Raser müssen bestraft werden", sagte Dulig der "Welt". Bremens Verkehrssenatorin Maike Schaefer und die saarländische Ressortchefin Anke Rehlinger warfen Scheuer "handwerkliche Fehler" vor, die nicht zur "Rücknahme richtiger Maßnahmen durch die Hintertür" führen dürften.
Der neue Bußgeldkatalog sieht ein einmonatiges Fahrverbot ab einer Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts von 21 Kilometern pro Stunde vor. Vor der Novellierung lag die Grenze für ein einmonatiges Fahrverbot bei 31 km/h.
Quelle: ntv.de, jaz/AFP