Bolsonaro in USA ausgereist Lula legt zum dritten Mal Präsidenten-Eid ab
01.01.2023, 20:03 UhrBereits zum dritten Mal darf sich Luiz Inácio Lula da Silva Präsident von Brasilien nennen. In der Hauptstadt Brasilia leistet er am Neujahrstag seinen Amtseid. Die traditionelle Schärpe des Staatsoberhaupts erhält er entgegen der Tradition aber nicht von seinem Vorgänger.
Der neue brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat sein Amt angetreten. Vor dem Kongress legte das linksgerichtete Staatsoberhaupt seinen Amtseid ab. Anschließend sollte er im Präsidentenpalast die traditionelle Schärpe des Staatsoberhaupts erhalten - entgegen der Tradition allerdings nicht von seinem rechtsradikalen Vorgänger Jair Bolsonaro, der Brasilien vor der Amtsübergabe verlassen hatte und in die USA ausgereist war.
Am Nachmittag wollte Lula vor Hunderttausenden Anhängern auf einem Platz im Zentrum der Hauptstadt Brasilia seine erste Rede halten. Schon Stunden zuvor hatten die Menschen dort unter sengender Sonne gewartet. Begleitet wurde die Amtseinführung von einem massiven Polizeiaufgebot, nachdem ein mutmaßlicher Bolsonaro-Anhänger an Heiligabend einen Anschlagsversuch verübt hatte.
Für Lula ist es die dritte Amtszeit - er war bereits von 2003 bis 2010 Präsident. Seine Regierung profitierte damals vom Rohstoffboom und konnte über große Sozialprogramme Millionen Menschen aus der Armut holen. Allerdings blühte auch die Korruption. Lula wurde selbst wegen Korruption und Geldwäsche zu einer langen Haftstrafe verurteilt, das Urteil wurde später allerdings wieder aufgehoben. Nun ist er der erste demokratisch gewählte Präsident in Brasilien, der eine dritte Amtszeit antritt.
Das Idol der lateinamerikanischen Linken steht vor großen Herausforderungen. Nachdem Bolsonaro die Gesellschaft tief gespalten und das Land isoliert hat, will der neue Präsident Brasilien versöhnen und wieder auf das internationale Parkett führen. Lula kündigte eine entschlossene Umweltschutz- und Klimapolitik und Maßnahmen gegen den wieder zunehmenden Hunger an. Allerdings bekommt er es mit einem Kongress zu tun, in dem Anhänger Bolsonaros die größte Fraktion stellen.
Kann der Regenwald noch gerettet werden?
Zahlreiche Staats- und Regierungschefs aus aller Welt nahmen an der Amtseinführung teil, darunter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Dieser sicherte Lula zuvor die Unterstützung Deutschlands zu: Die Bundesrepublik stehe bereit, den neuen Präsidenten "bei seinen ambitionierten Plänen zum Schutz des Regenwaldes bestmöglich zu unterstützen". Unter Lulas Vorgänger Bolsonaro hatten Brände und Abholzungen im Regenwald stark zugenommen.
Am Tag nach Lulas Amtseinführung wollte Steinmeier den an Regenwald reichen Bundesstaat Amazonas besuchen. Begleitet wird er von Bundesumweltministerin Steffi Lemke. Sie erklärte, mit Lulas Amtseinführung erhalte die Welt "die Chance, den Amazonas zu retten und damit einen der wichtigsten Punkte bei der Klimakatastrophe aufzuhalten". Die Frage, ob der Amazonas-Regenwald noch zu retten sei, werde sich "in den nächsten zehn Jahren entscheiden".
Der Regenwald bindet immense Mengen des Klimagases CO2 und spielt für das Weltklima eine große Rolle. In Bolsonaros Amtszeit hatten Abholzung und Brände deutlich zugenommen.
Kommt das Freihandelsabkommen?
Als großer Produzent von Lebensmitteln und grüner Energie dürfte Brasilien künftig auch beim Welthandel eine immer wichtigere Rolle zukommen. Ein fertig ausgehandeltes Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay) liegt derzeit auf Eis - unter anderem, weil Kritiker in Europa befürchten, der Vertrag könnte mehr Anreize zur Ausweitung der Landwirtschaft und damit zur Abholzung des Regenwalds setzen.
"Ich habe nach dem Gespräch auch den Eindruck, dass Zuversicht gerechtfertigt ist, was die Entwicklung der Handelsbeziehungen zwischen Südamerika und Europa angeht", sagte Steinmeier. Lula habe sehr deutlich gemacht, dass er in die Verhandlungen über das Mercosur-Handelsabkommen wieder einsteigen werde.
Quelle: ntv.de, chr/AFP/dpa