Sanktionen bei Nichtaufnahme Macron für geschlossene EU-Flüchtlingslager
23.06.2018, 18:12 Uhr
Macron und Sánchez haben sich schon vor dem EU-Sondergipfel beraten.
(Foto: REUTERS)
Geht es nach Frankreich und Spanien, liegt die Lösung in der Flüchtlingspolitik in der Einrichtung geschlossener Aufnahmelager auf EU-Boden. Macron fordert zudem finanzielle Sanktionen für Staaten, die die Aufnahme von Flüchtlingen verweigern.
Vor dem EU-Sondergipfel zur Flüchtlingspolitik haben sich Frankreich und Spanien für die Einrichtung geschlossener Aufnahmelager auf dem Boden der Europäischen Union ausgesprochen. Seien die Flüchtlinge einmal in der EU angekommen, sollten sie "in geschlossenen Zentren" untergebracht werden, sagte der französische Präsident Emmanuel Macron nach einem Treffen mit dem spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez in Paris. Die Zentren sollten im Einklang mit den Vorgaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR stehen. Italiens Innenminister Matteo Salvini wies den Plan umgehend zurück.
Macron forderte eine "finanzielle Solidarität" unter den EU-Staaten, um die schnelle Bearbeitung von Asylanträgen zu ermöglichen. Abgelehnte Asylbewerber müssten in ihre Heimatländer zurückgebracht werden "und keinesfalls in die Transitländer". Zugleich forderte Macron eine europäische Solidarität bei der Aufnahme derjenigen Flüchtlinge, die ein Recht auf Asyl haben.
Der französische Präsident sprach sich für finanzielle Sanktionen aus, wenn Staaten die Aufnahme von Flüchtlingen verweigern. "Es kann nicht sein, dass Länder, die deutlich von der Solidarität der EU profitieren, auf ihre nationalen Egoismen verweisen, sobald es um Migrationsthemen geht", sagte Macron.
Aus Rom kam umgehend harsche Kritik an dem Vorschlag. "Wenn die französische Arroganz denkt, dass sie Italien in ein Flüchtlingslager für ganz Europa verwandeln kann, vielleicht indem man ein paar Euro Trinkgeld verteilt, dann irrt sie sich gewaltig", erklärte Innenminister Salvini von der fremdenfeindlichen Lega-Partei. Er forderte stattdessen Frankreichs Präsidenten auf, "die vielen französischen Häfen" für Flüchtlingsschiffe zu öffnen und Flüchtlinge nicht länger an der Grenze zu Italien zurückzuweisen.
"Nicht von den Extremen herumschubsen lassen"
Bislang gibt es in der EU kaum geschlossene Flüchtlingsunterkünfte, in denen Asylanträge bearbeitet werden. Einige wenige werden vom UNHCR in Griechenland und Italien betrieben. Aus Italien können Flüchtlinge aber bislang häufig ohne vorherige Registrierung in andere EU-Länder weiterreisen. Der Vorschlag Frankreichs und Spaniens sieht vor, dass solche Aufnahmezentren in dem Land errichtet werden, "das dem Abfahrtsort am nächsten liegt". Flüchtlinge, die offensichtlich schutzbedürftig sind, sollen bereits während der Bearbeitung ihres Falles aus den Aufnahmezentren auf andere EU-Staaten verteilt werden, die sich zu ihrer Aufnahme bereit erklären. Nicht asylberechtigte Flüchtlinge sollten auf EU-Kosten in ihre Heimatländer zurückgebracht werden. "Das ist eine Lösung, die kooperativ ist und das Recht achtet", sagte Macron. "Wir müssen uns an unsere Prinzipien halten und dürfen uns nicht von den Extremen herumschubsen lassen."
Am Sonntag treffen sich in Brüssel Vertreter von mindestens 16 EU-Staaten, um über den Umgang mit Flüchtlingen zu beraten. Der informelle Sondergipfel gilt als entscheidender Termin, um vor dem EU-Gipfel kommende Woche zu einer gemeinsamen Linie zu finden.
Besonders wichtig ist das Treffen für Bundeskanzlerin Angela Merkel: Ihr Koalitionspartner CSU will bereits in anderen EU-Ländern registrierte Flüchtlinge schon an der Grenze zurückweisen und ist dafür auch zu nationalen Alleingängen bereit. Merkel will eine europäisch abgestimmte Lösung und für die Rückführung von Flüchtlingen zumindest bilaterale Vereinbarungen.
Quelle: ntv.de, ftü/ino/AFP