Baerbock bei Sandra Maischberger "Man kann russischen Ankündigungen nicht trauen"
31.03.2022, 04:16 Uhr
Wenn die Ukraine Garantien brauche, werde Deutschland sie geben, sagt Baerbock.
(Foto: IMAGO/Political-Moments)
Die Ukraine könne sich der Solidarität Deutschlands sicher sein, sagt Außenministerin Baerbock. Doch was heißt das konkret? Deutschland könne beispielsweise Sicherheitsgarantien geben, wenn das Land sich zu einem Neutralitätsstatus verpflichtet, erklärt sie bei Sandra Maischberger. Auch die Möglichkeit eines Energie-Importstopps kommt zur Sprache.
In der Ukraine geht der russische Angriffskrieg unvermindert weiter. Besonders die Stadt Mariupol im Süden des Landes ist immer noch umkämpft. Nun hat Russland für den heutigen Donnerstag in der Stadt einen Waffenstillstand angekündigt. Das russische Verteidigungsministerium ließ wissen, in dem belagerten ukrainischen Hafen werde es ein "Schweigeregime" geben. Dort sind immer noch 160.000 Zivilisten gefangen. Die russische Maßnahme soll die Öffnung eines humanitären Korridors zur ukrainischen Stadt Saporischja ermöglichen, um so Flüchtlinge mit Bussen aus der Stadt zu bringen.
Unterdessen sollen am Freitag die Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine online fortgesetzt werden. Ein von der Ukraine vorgeschlagenes Treffen der beiden Präsidenten lehnte die russische Seite jedoch ab. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock erwartet schwierige Verhandlungen. Das ließ sie am Mittwochabend bei "Maischberger. Die Woche" in der ARD durchblicken.
"Man kann russischen Ankündigungen nicht trauen", sagte die Ministerin in der Sendung. So habe die russische Regierung versprochen, keine humanitären Korridore zu bombardieren, und sich dann nicht daran gehalten. "Und wenn man auf der einen Seite sagt, man führe Friedensgespräche, wie die russische Seite die Verhandlungen ja nennt, und auf der anderen Seite die Bombardierungen und die Besetzung von Mariupol fortsetzt, dann passt das hinten und vorne nicht zusammen."
Baerbock sichert deutsche Hilfe zu
Die Lage in der Ukraine sei verzweifelt, so Baerbock. "Darum unterstützen wir diese Gespräche, wo wir können." Sie müssten weiter fortgesetzt werden. An Russland appellierte Baerbock, die Bombardierung der Zivilbevölkerung in der Ukraine sofort zu beenden, wenn die Gespräche wirklich ernst gemeint seien.
"Die russische Seite ist in der Defensive"
Nach Meinung der Außenministerin ist es schwierig zu beurteilen, ob sich die russische Armee auf einem Rückzug befindet. Man sehe zwar, dass die Stadt Odessa im Moment nicht angegriffen werde, aber man kenne auch die Reden von Russlands Präsident Wladimir Putin. Und dennoch: "Wir wissen, dass es erhebliche Verluste auf der russischen Seite gegeben hat. Dann geht der Sprit aus. Dann gibt es keine Lebensmittelversorgung von der russischen Seite. Die russische Seite ist in der Defensive." Eine Umorganisation der Armee ist nach Meinung von Baerbock nötig, weil sonst wichtige Versorgungsketten nicht mehr aufrechterhalten werden könnten. "Wir schützen jedenfalls die Ukraine mit Waffenlieferungen, und wir sorgen dafür, die Lücken zu schließen, die es in der Ukraine durch die Sanktionen gegen Russland gibt", so Baerbock.
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat die Neutralität der Ukraine vorgeschlagen, die jedoch von anderen Ländern geschützt werden müsse. Eines dieser Länder könnte Deutschland sein. Baerbock dazu: "Wir stehen in voller Solidarität auf der Seite der Ukraine, weil die Ukraine nicht nur für ihre eigene Freiheit, ihren eigenen Frieden und für die Zukunft ihrer eigenen Menschen kämpft, sondern auch für die Freiheit Europas und für unsere Friedensordnung, die angegriffen wurde." Deutschland werde die Ukraine immer unterstützen, "Und wenn es Garantien braucht, wird Deutschland dastehen und diese Garantien geben."
Baerbock gegen sofortigen Importstopp
Einen sofortigen Importstopp russischer Energierohstoffe lehnt Baerbock jedoch ab. Das könne Deutschland möglicherweise nicht durchhalten. Selbst wenn, müssten die nötigen Rohstoffe aus anderen Ländern importiert werden, und dann stünden sie Staaten wie dem Libanon oder Indonesien nicht mehr zur Verfügung, die sie dringend brauchten. "Wir müssen den Ausstieg aus der fossilen Energie mit anderen Ländern gemeinsam gehen, denn sonst bricht die ganze Unterstützung, die wir jetzt von der Mehrheit der Staaten dieser Welt haben, von einem auf den anderen Tag weg." Deutschland werde sich aber noch in diesem Jahr von Rohstofflieferungen aus Russland unabhängig machen, spätestens im Winter. "Wir machen einen kompletten Ausstieg", versprach die Außenministerin.
Die Bundesregierung tue alles dafür, dass der Krieg nicht nach Deutschland komme, versprach Baerbock zum Schluss des Gesprächs mit Sandra Maischberger. Davon müssten vor allem die Kinder in Deutschland verschont bleiben. "Aber der Krieg findet mitten in der Ukraine statt", sagte sie, "und wir müssen alles dafür tun, dass auch die ukrainischen Kinder in Frieden leben können."
Quelle: ntv.de