Nach Druck aus eigenem Kabinett Medien: Britischer Premier Johnson tritt zurück
07.07.2022, 10:12 Uhr
Boris Johnson will sich im Laufe des Tages an die Nation wenden.
(Foto: REUTERS)
Seit Tagen befindet sich das Kabinett des britischen Premiers Johnson in der Auflösung. Nun zieht er Konsequenzen. Britische Medien berichten, dass er als Tory-Chef zurücktritt. Spätestens im Herbst sind dann auch seine Tage in der Downing Street 10 gezählt.
Der britische Premierminister Boris Johnson will von seinem Amt als Tory-Parteichef zurücktreten. Das berichtet die BBC unter Berufung auf Regierungskreise. Er wäre damit in Kürze auch sein Amt als Regierungschef los. Das Büro von Johnson in der Downing Street kündigte eine Ansprache des Premiers an. Er werde sich im Laufe des Tages an die Nation wenden.
Johnson wolle noch bis zur Wahl eines Nachfolgers im Herbst als Regierungschef im Amt bleiben, berichtet der Nachrichtensender Sky News unter Berufung auf Regierungskreise. Dem Fernsehsender ITV zufolge hat Johnson auch die Queen bereits in seine Pläne eingeweiht. Die Unterredung sei ein Zeichen der Höflichkeit gegenüber der Monarchin im Vorfeld seiner bevorstehenden Rede, heißt es.
Der britische Oppositionsführer Keir Starmer begrüßte die Berichte über den bevorstehenden Rücktritt. Das seien "gute Neuigkeiten für das Land", erklärte der Vorsitzende der Labour-Partei. "Wir brauchen keinen Wechsel in der Tory-Führung - wir brauchen einen richtigen Regierungswechsel."
Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace forderte seine Parteikollegen auf, Premier Johnson aus dem Amt zu drängen. "Die Partei hat ein Vefahren, die Führungsspitze auszutauschen, das die Kollegen anwenden sollten", schrieb Wallace in einem Tweet. Er selbst werde sein Ministeramt behalten, um die Sicherheit des Landes weiter zu gewährleisten.
Der Rücktritt folgt auf eine schwere Regierungskrise in London, die sich am Morgen mit dem Rücktritt der Bildungsministerin Michelle Donelan nach nur zwei Tagen im Amt weiter verschärft hatte. Johnson hatte sich noch am Mittwoch kämpferisch gezeigt und einen Rücktritt abgelehnt - doch sein baldiger Abschied von der Regierungsspitze galt zunehmend als unausweichlich.
Selbst der erst am Dienstag in seinen Posten berufene Finanzminister Nadhim Zahawi hatte Johnson öffentlich zum Rücktritt aufgerufen. "Premierminister, in Ihrem Herzen wissen Sie, was das Richtige ist. Gehen Sie jetzt", schrieb Zahawi in einem auf Twitter. Mit Donelan und Nordirland-Minister Brandon Lewis war die Zahl der zurückgetretenen Kabinettsmitglieder auf fünf gestiegen. Weitere Tory-Abgeordnete legten ihre Regierungsämter nieder.
Johnson und seine Regierung waren in den vergangenen Monaten durch eine ganze Reihe von Skandalen massiv in die Kritik geraten. Neben einer Spendenaffäre wogen Skandale um sexuelle Übergriffe durch Parteikollegen und um Partys am Regierungssitz während des Corona-Lockdowns besonders schwer.
Quelle: ntv.de, jug/rts/AFP