Experte sieht Chancen für Klagen Merkel hält Maßnahmen für gerichtsfest
13.12.2020, 17:29 Uhr
Die neuen Corona-Maßnahmen stoßen nicht nur auf Gegenliebe. Könnten sie also durch Klagen von Gerichten wieder kassiert werden? Politiker aus Bund und Ländern halten das für ausgeschlossen. Doch ein Staatsrechtler räumt rechtlichen Schritten durchaus Erfolgschancen ein.
Bund und Länder rechnen nicht damit, dass die Gerichte Maßnahmen für einen harten Lockdown demnächst wieder kippen könnten. Im Frühjahr hätten die Gerichte im Grunde erst gehandelt, als es um Lockerungen und damit um die "Frage der Gleichbehandlung" ging, sagte Merkel in Berlin nach Beratungen mit den Länderregierungschefs. Diese Frage stelle sich jetzt nicht so stark. Der Staatsrechtler Ulrich Battis räumt Klagen hingegen durchaus Erfolgschancen ein.
Merkel verwies auf die neue rechtliche Grundlage durch das geänderte Infektionsschutzgesetz. Angesichts der aktuell steigenden Zahl der Corona-Toten und des exponentiellen Anstiegs der Neuerkrankungen seien die ab Mittwoch beschlossenen harten Maßnahmen zudem "geboten", sagte Merkel. Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder sagte, die Frage des Gleichheitsgrundsatzes dürfte jetzt kein Hauptgrund mehr für Gerichte sein. "Jetzt stellen wir alle gleich."
Auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller verwies darauf, dass heute eine andere rechtliche Grundlage als noch im Frühjahr gelte, "auf der wir bundesweit und auch in den Ländern anders agieren können". Zugleich gebe es zahlreiche Urteile zu Grundrechtseinschränkungen wie dem Demonstrationsrecht und der Religionsfreiheit. "Wir gehen jetzt auch sehr sensibel damit um", sagte der SPD-Politiker.
"Gewisse legitimierende Funktion"
"Natürlich ist das mittlerweile geänderte Infektionsschutzgesetz eine Verbesserung", sagte der Berliner Staatsrechtler Battis dem "Handelsblatt". Der dort eingefügte Katalog von generell zulässigen Maßnahmen der Pandemie-Bekämpfung erfülle "eine gewisse legitimierende Funktion". Die ändere aber nichts an der Tatsache, dass für die Gerichte bei der Prüfung der Zulässigkeit einer Maßnahme immer die konkrete Anordnung des Landes oder der Gemeinde ausschlaggebend sei.
Battis räumt Klagen auch Aussicht auf Erfolg ein. Ein einsamer Landstrich mit vergleichsweise niedriger Inzidenz in Schleswig-Holstein könne nicht genauso behandelt werden wie das Berchtesgadener Land oder Berlin-Kreuzberg.
Bund und Länder hatten sich zuvor auf einen harten Lockdown ab Mittwoch geeinigt. Der Einzelhandel wird mit Ausnahmen für Lebensmittel und weitere Waren des dringenden Bedarfs geschlossen. Auch Schulen und Kitas werden geschlossen, die Bundesländer können aber Betreuungsmöglichkeiten anbieten. Mit Ausnahme der Weihnachtstage sollen die Kontakte auf maximal fünf Menschen aus zwei Hausständen reduziert bleiben.
Quelle: ntv.de, mli/AFP