Kanzler bittet SelenskyjMerz: Ukrainer sollen in eigenem Land bleiben

Seit der Lockerung der Ausreiseregeln innerhalb der Ukraine fliehen junge Männer in großer Zahl nach Deutschland. Nach den Plänen von Schwarz-Rot sollen die Geflüchteten künftig keinen Anspruch mehr auf Bürgergeld erhalten. Kanzler Merz wendet sich nun direkt an den ukrainischen Staatschef.
Bundeskanzler Friedrich Merz hat sich dafür ausgesprochen, dass insbesondere junge Männer aus der Ukraine statt einer Ausreise nach Deutschland "den Dienst in ihrem Land versehen" sollten. Er habe den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj "darum gebeten, dafür zu sorgen", sagte Merz in einer Rede auf dem Handelskongress Deutschland am Nachmittag in Berlin. In der Ukraine "werden sie gebraucht", sagte Merz weiter.
Zuvor hatte bereits CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann gegenüber dem "Stern" gesagt, es brauche ukrainische Soldaten, die ihr Land verteidigen. Deshalb sei es nicht richtig, "dass derzeit vor allem viele junge Männer die Ukraine verlassen." Die massive Fluchtbewegung nach Deutschland müsse gestoppt werden, so der CDU-Politiker.
Zuletzt flohen wöchentlich bis zu 1800 junge Männer zwischen 18 und 22 Jahren nach Deutschland. Im August waren es lediglich 19 pro Woche. Hintergrund des Anstiegs ist die Lockerung einer Regel innerhalb der Ukraine. Bisher war jungen, wehrfähigen Männern die Ausreise aus dem Land von der Regierung nur in Ausnahmefällen erlaubt. Seit Ende August dürfen junge Männer bis 22 Jahre auch "während des Kriegszustands ungehindert die Grenze überschreiten", wie die Regierung erklärte. Sie fliehen seither in großer Zahl.
Der Kanzler bekräftigte auch Pläne der Regierung, wonach Geflüchtete aus der Ukraine künftig keinen Anspruch mehr auf Bürgergeld erhalten sollen. Stattdessen sollen sie Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Mit Blick auf die in Deutschland lebenden Ukrainerinnen und Ukrainer kündigte Merz zudem "konkrete Änderungen" an, damit die Arbeitsanreize größer sind als der Anreiz, "im Transfersystem zu bleiben".
Auf die Neuregelungen für das Bürgergeld hatten sich zuvor laut Angaben aus Regierungskreisen Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas und Innenminister Alexander Dobrindt verständigt. Keinen Anspruch mehr auf Bürgergeld sollen demnach Menschen aus der Ukraine haben, die ab dem 1. April 2025 nach Deutschland gekommen sind. Die Änderung soll demnach rückwirkend gelten, bereits bewilligte Bürgergeldbescheide laufen aber noch aus.
Die Einigung bestätigt im Kern die im Referentenentwurf des Arbeitsministeriums vorgesehene Regelung, der im Sommer in die regierungsinterne Ressortabstimmung gegangen war. "Alles andere hätte zu einem zu hohen bürokratischen Aufwand geführt", hieß es aus den Regierungskreisen. Die Änderung solle nun kommende Woche vom Kabinett beschlossen werden.
Zehntausende sollen Anspruch verlieren
Durch die geplante Neuregelung verlieren laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung mehrere zehntausend Menschen aus der Ukraine den Anspruch auf Bürgergeld. Für Ukrainerinnen und Ukrainer, die vor dem Stichtag 1. April nach Deutschland gekommen sind, bleibt hingegen der Anspruch auf Bürgergeld bestehen.
Der Referentenentwurf beziffert die erwarteten Einsparungen durch den so genannten Rechtskreiswechsel im Jahr 2026 auf rund 730 Millionen Euro, von denen rund 680 Millionen Euro auf den Bund und rund 50 Millionen Euro auf die Kommunen entfallen sollen. Im Jahr 2027 sollen demnach Minderausgaben von rund 320 Millionen Euro entstehen, von denen rund 300 Millionen Euro auf den Bund und rund 20 Millionen Euro auf die Kommunen entfallen. Einsparungen ergeben sich demnach auch bei der Grundsicherung im Alter und bei Hilfen zum Lebensunterhalt.
Dem stehen allerdings erhebliche Mehrkosten für Länder und Kommunen beim Asylbewerberleistungsgesetz gegenüber. Diese dürften laut dem Gesetzentwurf 2026 rund 862 Millionen Euro und 2027 rund 394 Millionen Euro betragen.
Die Länder sollen für ihre Mehrkosten vom Bund eine Kompensation erhalten. Eine finanzielle Ersparnis für den Gesamtstaat entsteht durch die Änderungen allerdings den Prognosen zufolge nicht. Grund sind insbesondere höhere Verwaltungsausgaben beim Asylbewerberleistungsgesetz.