"Das ist eine Schweinerei" Merz soll wegen Wüst-Artikel Rücktritt erwogen haben
03.05.2024, 13:03 Uhr Artikel anhören
Brachte der eine den anderen an den Rand des Rücktritts? Hendrik Wüst (links) und Friedrich Merz.
(Foto: picture alliance / Flashpic)
Mit einem Debattenbeitrag bringt NRW-Landeschef Wüst seinen Parteichef gegen sich auf. Als der Artikel im Juni 2023 erscheint, schäumt Merz vor Wut. Einem Bericht zufolge hätte der CDU-Vorsitzende deswegen beinahe hingeworfen. Ein alter Freund konnte ihn offenbar umstimmen.
Friedrich Merz wollte im vergangenen Juni offenbar von seinem Amt als Parteivorsitzender der CDU zurücktreten. Das berichtet das Nachrichtenmagazin "Spiegel". Demnach empörte sich der CDU-Chef über einen Zeitungsartikel von Hendrik Wüst so sehr, dass er hinwerfen wollte. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident hatte in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) einen Debattenbeitrag ("Das Herz der CDU schlägt in der Mitte") vor dem bevorstehenden kleinen Parteitag der Christdemokraten veröffentlicht.
Die Parteiführung und damit auch Merz wurden damals davon überrascht. "Ich werf hin. Ich hab die Schnauze voll. Sollen die doch ihren Scheiß alleine machen", wird Merz an dem Nachmittag der Veröffentlichung von seinem Umfeld zitiert. "Ich sag’ gleich im Bundesvorstand, dass Wüst das machen soll. Soll der doch auch morgen die Rede halten. Das ist eine Schweinerei."
Mehrere Stunden lang sei Merz völlig außer sich gewesen und habe als Parteivorsitzender aufgeben wollen, berichtet der "Spiegel" unter Berufung auf dessen Umfeld. Erst ein eilig anberaumtes Krisengespräch mit Wolfgang Schäuble habe ihn davon offenbar abhalten können. Noch Wochen später, heißt es demnach in seinem Umfeld, habe sich Merz in internen Gesprächen immer wieder über Wüst und auch den schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther erregt: "Wenn die so weitermachen, dann schmeiß’ ich hin."
Merz war "angefasst"
Die Aufregung rund um den Wüst-Artikel ist auch Gegenstand einer aktuellen ARD-Dokumentation über Merz. "Der Sommer 2023 hatte ein paar Widrigkeiten", sagte der CDU-Chef in dem Film. "Auch intern." Es habe auch Kritik an ihm gegeben, nicht offen, sondern verdeckt und hintenrum über Medienberichterstattung. "Ich mag so was nicht. Ich gebe zu, ich bin da auch empfindlich." In der Retrospektive gab Merz zu, wegen des Artikels "angefasst" und nicht begeistert gewesen zu sein. Er hatte den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten damals in aller Öffentlichkeit kritisiert. Der kleine Parteitag im Konrad-Adenauer-Haus sei durch diese Begleitmusik nicht so gelaufen, wie er sich das vorgestellt habe.
Die Kritikpunkte, die in dem FAZ-Beitrag geäußert wurden, hätten lieber im CDU-Präsidium beziehungsweise unter vier Augen besprochen werden sollen, so Merz. Ob er damals über einen Rücktritt nachgedacht habe, kommt in dem Film nicht zur Sprache. Wüst hatte seine Partei in der FAZ vor populistischer Politik gewarnt. "Wer nur die billigen Punkte macht und den Populisten hinterherrennt, der legt die Axt an die eigenen Wurzeln und stürzt sich selbst ins Chaos."
"Es war ein Beitrag zu einer Debatte, zu einer Positionsbestimmung der Partei", sagte Wüst der ARD. Die CDU sei in einem Wettbewerb mit Populisten, dürfe sich deren Methoden aber nicht zu eigen machen. Dass Friedrich Merz nicht glücklich über seinen Artikel war, sei ihm "nicht verborgen geblieben", sagte Wüst mit einem Lächeln auf den Lippen. Man habe über das Thema unter vier Augen gesprochen. Auf die Frage, ob er sich selbst auf diese Weise als Kanzlerkandidaten ins Spiel bringen wollte, antwortete der Ministerpräsident: "Nein."
Quelle: ntv.de, fzö