CDU-Chef hält Grundsatzrede Merz über Russland: "Stärke schreckt Aggression ab"
04.12.2024, 23:15 Uhr Artikel anhören
Sprach über fast alle außenpolitischen Themen: Friedrich Merz.
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In einer Rede handelt Friedrich Merz, der Kanzlerkandidat der Union, die wichtigsten sicherheitspolitischen Themen ab. Die Ukraine wolle er in den nächsten Tagen besuchen, Russland gegenüber will er Stärke demonstrieren. Den Kanzler kritisiert er für ein Telefonat.
Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat eine entschiedenere Unterstützung der Ukraine und eine bessere Abstimmung der Europäer gefordert, um Russland Paroli zu bieten. "Die Ukraine muss den Krieg gewinnen. Russland muss den Krieg verlieren", sagte der CDU-Vorsitzende in einer außenpolitischen Grundsatzrede bei der Bundesakademie für Sicherheitspolitik in Berlin. Außerdem plant er, die strategische außenpolitische Planung im Kanzleramt zusammenzuführen. Nach Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte auch der Oppositionsführer eine Reise in die Ukraine ein, "die in den nächsten Tagen ansteht".
In seiner Rede ging Merz nicht auf bestimmte Waffensysteme oder aber den Streit über die mögliche Lieferung des Taurus-Marschflugkörpers ein. Mit Blick auf Russland aber sagte Merz, es sei "kein Naturgesetz, dass Atommächte jeden Krieg, den sie beginnen, automatisch gewinnen". Russland dürfe keine Möglichkeiten mehr sehen, den Krieg militärisch fortzusetzen. Deutschland dürfe bei alledem nicht Kriegspartei werden. "Diese Frage steht nicht im Raum. Wir wollen es nicht, und wir werden es auch nicht." Gerade deswegen müsse Deutschland die Ukraine aber "mit allen erforderlichen diplomatischen, finanziellen, humanitären und eben auch militärischen Mitteln unterstützen".
Der CDU-Chef kritisierte, dass Alleingänge zu einer Verschlechterung der strategischen Lage geführt hätten. Er nannte in diesem Zusammenhang auch ein "mit den europäischen Partnern offensichtlich unabgestimmtes Telefonat des deutschen Bundeskanzlers" mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, auf das dieser "mit großangelegten Angriffen auf die zivile Infrastruktur in der gesamten Ukraine" reagiert habe.
Merz warb erneut für eine "Kontaktgruppe" aus Deutschland, Frankreich, Polen und Großbritannien, um eine europäische Strategie zur Unterstützung der Ukraine zu bestimmen - auch, weil niemand wisse, was nach dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Donald Trump geschehe. Über eine anstehende eigene Reise in die Ukraine wolle er die europäischen Partner informieren.
Merz über Trump: "Wir sind keine Bittsteller"
In Bezug auf den künftigen US-Präsidenten Donald Trump sagte Merz: "Das Allerwichtigste ist, dass wir uns nicht kleiner machen als wir sind. Wir sind nicht Bittsteller, sondern wir begegnen jedem amerikanischen Präsidenten auf Augenhöhe." Es sei aber wichtig, dass alle Europäer, die nach Washington kämen, dort möglichst dieselbe Meinung vertreten sollten. "Der Errichtung von Importzöllen beispielsweise sollten wir den Vorschlag eines neuen Anlaufs für ein transatlantisches Freihandelsabkommen entgegensetzen", sagte der CDU-Politiker.
Merz sprach aber nicht nur über außenpolitische Themen. Deutschland müsse zudem die Bundeswehr deutlich verstärken. "Stärke schreckt Aggression ab, Schwäche lädt Aggression ein", sagte Merz. Die Selbstverpflichtung der NATO-Staaten, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben, könne nur die Untergrenze sein. Ab 2027 brauche man mindestens 80 Milliarden Euro im Haushalt für Verteidigung, in dem man daher Prioritäten setzen müsse. Daneben müsse der Zivilschutz deutlich hochgefahren werden.
Merz sprach sich auch für die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrates im Kanzleramt aus. Man müsse die Ressortdifferenzen mit dem Auswärtigen Amt überwinden und den Sicherheitsbegriff sehr weit denken - zusammen mit der Sicherung der Grenzen gegen illegale Migration, der Rohstoff- und der Energieversorgung. Auch die Bundesländer sollten einbezogen werden. Außenministerin Annalena Baerbock hatte sich in der Ampel-Regierung dagegen gewehrt, dass ein Nationaler Sicherheitsrat im Kanzleramt angesiedelt wird.
Unterdessen erklärte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich in einer außenpolitischen Rede, dass es sein könne, dass Trump noch Ende des Jahres die Einstellung aller finanziellen Mittel für die Ukraine ankündigen wird. "Das wird uns im Januar dann dazu zwingen, weitere finanzielle Anstrengungen zu unternehmen", fügte er mit Blick auf die Militärhilfe hinzu. "Für mich steht außer Zweifel, dass dann ein Überschreitungsbeschluss noch vor der Bundestagswahl herbeigeführt werden muss." Mit einem solchen Beschluss könnte nach Ansicht der Bundesregierung ein milliardenschwerer Sondertopf im Rahmen der Möglichkeiten der Schuldenbremse geschaffen werden.
"Als Sozialdemokraten müssen wir anerkennen, dass wir die imperialistischen Ambitionen Putins und die Gefahr durch die Energieabhängigkeit von Russland unterschätzt haben", sagte Mützenich und verteidigte gleichzeitig das Telefonat von Scholz mit Russlands Präsident Putin. "Es ist offensichtlich, dass Putin derzeit nicht zu ernsthaften Verhandlungen bereit ist. Dennoch ist und bleibt es wichtig, diese Gespräche zu führen, um das entsetzliche Sterben und Morden zu beenden."
Quelle: ntv.de, ses/rts/dpa