Politik

"Systemrivalität nimmt zu" Merz warnt vor Konflikt mit "Achse der Autokratien"

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Kanzler Merz fordert eine neue Sicherheitsarchitektur für Europa.

Kanzler Merz fordert eine neue Sicherheitsarchitektur für Europa.

(Foto: picture alliance/dpa)

Ein neuer Systemkonflikt bedroht Friedrich Merz zufolge die liberale Weltordnung. Der Kanzler drängt deswegen auf eine Neuordnung der europäischen Sicherheitsarchitektur. Angesichts einer unsicherer werdenden Partnerschaft mit den USA pocht er zudem auf mehr Eigenständigkeit.

Bundeskanzler Friedrich Merz fordert angesichts einer immer aggressiveren Politik Chinas und Russlands sowie eines sich wandelnden Verhältnisses zu den USA eine neue Sicherheitsarchitektur für Deutschland und Europa. "Was wir liberale Weltordnung genannt haben, steht nun von vielen Seiten unter Druck, auch im Inneren des politischen Westens", sagte der CDU-Vorsitzende bei der Botschafterkonferenz im Auswärtigen Amt, ohne die USA direkt zu nennen. Ein neuer Systemkonflikt sei aufgebrochen, "zwischen liberalen Demokratien und einer Achse der Autokratien, die sich stützt und den offenen Systemwettbewerb zu unserer Demokratie geradezu sucht".

Es entstünden neue revisionistische Allianzen, Krisen und Konflikte überlagerten sich, der Krieg sei nach Europa zurückgekehrt, sagte der Kanzler und ergänzte: "Wir stehen damit vor sehr grundsätzlichen, geradezu vor historischen Aufgaben, eine neue Sicherheitsarchitektur zu schaffen, die, wenn es gut geht, für mehrere Jahrzehnte tragfähig sein sollte."

"USA bewerten ihre Interessen neu"

Man könne nicht länger "von Innenpolitik und Außenpolitik wie von zwei fein säuberlich getrennten Sphären" sprechen. Es bleibe das doppelte Ziel, "Deutschlands Sicherheit und vor allem Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit zu garantieren". Nötig sei eine pragmatische Außen- und Sicherheitspolitik, die sich an den deutschen und europäischen Interessen orientiere, verlangte der Kanzler.

"Die USA bewerten ihre Interessen neu, und das nicht erst seit einigen Tagen. Und so müssen auch wir in Europa unsere Interessen justieren, ohne falsche Nostalgie", sagte der Kanzler. Die USA blieben wichtigster Partner, mit dem man die enge Abstimmung und Zusammenarbeit suche. "Aber es zeichnet sich ab, dass diese Partnerschaft weniger selbstverständlich sein wird." Wie das Verhältnis sei, hänge von der Stärke der Europäer ab.

Offener als bisher kündigte Merz an, dass man angesichts der weltweit umstrittenen Zollpolitik der USA auch an einem neuen Handelssystem arbeiten müsse. Die Welthandelsorganisation WTO sei mittlerweile dysfunktional und erfülle ihre Rolle nicht mehr. "Es ist jetzt unsere Kreativität und unser Engagement, ein neues System von handelspolitischen Regeln und Partnerschaften zu entwickeln", sagte er. Ob die USA diesem System angehören, ließ er offen.

Mehr Handelsabkommen mit anderen Partnern

Zugleich warnte Merz vor einer Ausweitung russischer Machtbestrebungen über die Ukraine hinaus. Alles deute darauf hin, dass Präsident Wladimir Putins "imperialistischer Plan nicht mit der Eroberung der Ukraine enden würde, sondern damit erst beginnt". Angesichts täglicher "hybrider Angriffe Russlands auf unsere Infrastruktur" in "wachsender Intensität und Aggressivität" verteidige die Ukraine "auch unsere Freiheit in Europa".

Gegenüber China forderte er eine stärker auf Sicherheit bezogene Politik. Sicher werde man in Klimapolitik oder bei globalen Krisen zusammenarbeiten. "Aber wir erkennen gleichzeitig, die Systemrivalität nimmt zu", betonte Merz. "Für unsere Sicherheit und für unsere Wettbewerbsfähigkeit muss es also eine Priorität sein, dass wir unsere Rohstoff- und Handelskettenrolle in der strategischen Souveränität diversifizieren." Nötig seien dafür auch mehr EU-Handelsabkommen mit anderen Partnern.

Quelle: ntv.de, jpe/dpa/rts/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen