Union gratuliert, AfD übt Kritik Minister Lauterbach ruft gemischte Gefühle hervor
06.12.2021, 16:57 Uhr
Karl Lauterbach wird unter Bundeskanzler Olaf Scholz das Gesundheitsministerium leiten.
(Foto: imago images/photothek)
Gesundheitsexperte Lauterbach gilt als einer der renommiertesten Fachleute der SPD. Nun wird der 58-Jährige überraschend doch Gesundheitsminister. Im Netz gibt es für die Entscheidung überwiegend Lob. Es existieren allerdings auch kritische Stimmen.
Seit Beginn der Corona-Krise schenkt SPD-Politiker Karl Lauterbach den Menschen reinen Wein ein und polarisiert damit immer wieder. Seine Detailversessenheit ist das Markenzeichen des Epidemiologen, der in den Fernseh-Talkshows der Republik mittlerweile Dauerpräsenz zeigt.
Genau deshalb galt es lange als ungewiss, ob ihn der neue Bundeskanzler Olaf Scholz in sein Kabinett holen wird. Doch am Ende konnte Scholz, dem kein allzu gutes Verhältnis zu Lauterbach nachgesagt wird, wohl gar nicht anders, als den eigenwilligen Gesundheitsexperten zum Minister zu machen. Heute Vormittag machte Scholz die Personalie öffentlich. Für die Entscheidung gibt es viel Beifall - aber auch Kritik.
Der geschäftsführende Gesundheitsminister Jens Spahn wünschte seinem Nachfolger alles Gute. "Lieber Karl Lauterbach, herzlichen Glückwunsch zu dieser wichtigen und schwierigen, doch auch sehr schönen Aufgabe. Ich wünsche Ihnen dabei viel Erfolg und eine glückliche Hand. Denn es geht um unser Land. Die Bewältigung dieser Pandemie bleibt eine Gemeinschaftsaufgabe", twitterte der Unionspolitiker. Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder gratulierte: "Das ist eine gute Wahl", twitterte der CDU-Chef. "Freue mich auf gute Zusammenarbeit in ernsten Zeiten."
Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen nahm die Nachricht ebenfalls positiv auf. "Seine Expertise & wissenschaftliche Herangehensweise wird ein riesiger Mehrwert für die exekutive Pandemiebekämpfung sein", so Dahmen auf Twitter. "Ich schätze insbesondere seine Kollegialität & seinen Einsatz für Menschen ohne große Lobby im Gesundheitswesen."
Ärztevertreter zeigen sich kooperationsbereit
Mit Wolfang Kubicki lag Lauterbach beim Thema Corona häufig nicht auf einer Linie. Dennoch verlor der FDP-Politiker nun keine allzu bösen Worte. "Ich habe Karl Lauterbach schon gratuliert. Die deutsche Talkshowszene wird jetzt häufiger auf ihn verzichten müssen. So hat alles auch sein Gutes", sagte der Bundestagsvizepräsident der "Bild"-Zeitung.
"Prof. Lauterbach ist ein ausgewiesener Kenner des deutschen Gesundheitswesens und war von Beginn der Pandemie an stets mahnende Stimme, vorausschauend zu handeln und ausreichende Schutzvorkehrungen zu treffen", lobte Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt. "Wir bieten dem neuen Bundesgesundheitsminister unsere offene Bereitschaft zur Zusammenarbeit an (...)."
Willen zur Kooperation zeigte auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung. "Mit Herrn Lauterbach steht künftig ein versierter Kenner des komplexen Gesundheitswesens an der Spitze des Ministeriums. Wir bieten unsere Mitarbeit, Vorschläge und Expertise an", so der Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen. Der Ärzteverband Marburger Bund stimmte mit ein. "Es freut mich, dass ein Arzt Gesundheitsminister wird", sagte die Vorsitzende Susanne Johna im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Wir kennen Herrn Lauterbach schon lange. Er ist ausgewiesener Fachmann und hat nicht erst seit der Pandemie bewiesen, dass er über hohe Sachkenntnis verfügt."
RTL-Moderatorin Pinar Atalay blickt bereits in die Zukunft: "Beim nächsten Mal dann tatsächlich als Gesundheitsminister bei RTL Direkt. Herr Lauterbach, bis zur nächsten Sendung und eine gute Hand für unser Land." Der Journalist Jens Clasen kommentierte die Reaktionen im Netz etwas bissig: "Du weißt, wie es um dein Gesundheitssystem steht, wenn Leute feiern, dass endlich ein Gesundheitsexperte zum Gesundheitsminister ernannt wird." Die Satiresendung Extra 3 des NDR twitterte mit einem Augenzwinkern: "Hauptberuflicher Talkshow-Gast Karl Lauterbach nimmt Nebenjob als Bundesgesundheitsminister an!"
Mehr als ein "Corona-Feuerwehrmann"?
Kritik gab es an der Entscheidung für Lauterbach vonseiten der AfD und der Linken. "Kleine Frage am Rande: Wird der Anne-Will-Talk dann zukünftig aus dem Foyer des Bundesgesundheitsministeriums gesendet? Frage für einen Freund, der irgendwas mit Medien zu tun hat", schrieb der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag, Jan Korte, bei Twitter.
Linken Fraktionschef Dietmar Bartsch spielte auch auf die mediale Präsenz von Lauterbach an. Druck aus der Öffentlichkeit habe Lauterbach ins Gesundheitsministerium gebracht, sagte Bartsch den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Er wird zeigen müssen, dass er dort so prägend wird wie in den Talkshows des Landes, und dass er mehr ist als ein Corona-Feuerwehrmann."
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel sieht Lauterbach als künftigen Gesundheitsminister kritisch. "Während ihm die SPD noch in der letzten Legislatur keinerlei Kompetenz in Gesundheitsfragen zutraute und er deshalb keinerlei Funktionen bekleidete, wird Karl Lauterbach nun tatsächlich Gesundheitsminister. Schlimmer hätte es für Deutschland nicht kommen können." Ähnlich äußerte sich Parteikollegin Beatrix von Storch: "Lauterbach wird Gesundheitsminister? Wenn man Satire und Realität nicht mehr unterscheiden kann", twitterte die Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion.
Quelle: ntv.de, jpe/dpa/AFP