"Voreilige Absolution" Moskau ärgert US-Unschuldserklärung für Kiew
23.03.2024, 03:35 Uhr Artikel anhören
Russische Ermittler zeigen eine der Tatwaffen: Ein Sturmgewehr auf dem Boden des Konzerthauses.
(Foto: picture alliance/dpa/Investigative Committee of Russia)
Ein Terroranschlag bei Moskau fordert mindestens 60 Todesopfer. Obwohl der Islamische Staat sich zu der Attacke bekennt, ärgert sich Russland über Washingtons Absolution für die Ukraine.
Das russische Außenministerium hat kritisiert, dass die USA sehr schnell die Ukraine als möglichen Drahtzieher des Anschlags auf die Moskauer Konzerthalle entlastet haben. Es werfe Fragen auf, wenn die USA bereits solche Schlussfolgerungen zögen, während die Tragödie noch im Gang sei. Das sagte die Sprecherin des Ministeriums, Maria Sacharowa, am Abend im russischen Fernsehen. "Wenn die USA oder ein anderes Land verlässliche Fakten hat, sollten sie diese der russischen Seite zukommen lassen." Wenn es solche Fakten nicht gebe, hätten weder das Weiße Haus noch sonst jemand das Recht, vorab eine Absolution zu erteilen, sagte Sacharowa.
In dem Veranstaltungszentrum am Moskauer Stadtrand waren nach vorläufigen Angaben mehr als 60 Menschen getötet und 145 Menschen verletzt worden, als mehrere Bewaffnete wild um sich schossen. Für die Ukraine, die sich seit zwei Jahren gegen einen russischen Angriffskrieg wehrt, wies das Außenministerium in Kiew jeden Verdacht auf eine Verantwortung zurück. Die USA mahnten in einer ersten Reaktion ebenfalls, keinen Zusammenhang mit der Ukraine herzustellen. "Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Ukraine oder Ukrainer mit den Schüssen zu tun hatten", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, in Washington.
Terrorexperten halten IS-Bekenntnis für echt
Die Terrormiliz Islamischer Staat hatte am Abend auf einem ihrer Kanäle den Anschlag für sich reklamiert. Experten halten das Bekennerschreiben für echt. Trotzdem sind die Hintergründe noch unklar. Die russischen Behörden ermitteln wegen Terrorismus. Vor der IS-Erklärung hatte der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew bei Telegram gedroht, Moskau werde die ukrainische Führung töten, falls sich herausstellen sollte, dass sie in den Angriff verwickelt sei.
Die USA hatten zuletzt vor einem möglichen Terroranschlag in Russland gewarnt. "Wir haben die Russen entsprechend gewarnt", sagte ein Insider, der anonym bleiben wollte. Den USA lägen zudem Geheimdienstinformationen vor, die die Behauptung des Islamischen Staates bestätigen, für die tödliche Schießerei bei einem Konzert in der Nähe von Moskau verantwortlich zu sein. Auch öffentlich hatte die US-Botschaft in Russland ihre Bürger vor zwei Wochen davor gewarnt, dass "Extremisten unmittelbar bevorstehende Pläne haben, große Versammlungen in Moskau, einschließlich Konzerte, ins Visier zu nehmen".
Quelle: ntv.de, mau/dpa