IW: Sondervermögen missbraucht Mütterrente statt neuer Brücken - "schweres Foul"
13.09.2025, 12:09 Uhr Artikel anhören
Bagger beim Abriss einer einsturzgefährdeten Brücke in Magdeburg.
(Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild)
Ökonomen werfen der Regierung vor, mit dem Sondervermögen für Infrastruktur Haushaltslöcher zu stopfen, statt zusätzlich zu investieren. Das Institut der deutschen Wirtschaft sieht verspielte Glaubwürdigkeit. Andere Wirtschaftswissenschaftler teilen die Kritik.
Die Bundesregierung nutzt einer Studie zufolge einen Teil der Mittel aus dem Sondervermögen für Infrastruktur zum Stopfen von Haushaltslöchern. Allein bei der Verkehrsinfrastruktur verschaffe sich Schwarz-Rot so einen Haushaltsspielraum von zehn Milliarden Euro, heißt es in der Untersuchung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Dieses Geld müsse die Koalition nicht an anderer Stelle einsparen.
Das volle Ausmaß dieser Praxis bleibe dabei im Dunklen, weil die Verschiebung der Ausgaben zwischen Kernhaushalt, Sondervermögen und Klima- und Transformationsfonds (KTF) schwer nachvollziehbar sei. "Die Bundesregierung verspielt mit diesem Vorgehen viel Glaubwürdigkeit", sagte IW-Haushaltsexperte Tobias Hentze. "Statt neuer Brücken finanziert Deutschland mit dem Sondervermögen jetzt auch die Mütterrente. Das ist ein schweres Foulspiel."
Als Beispiel führt das IW die Deutsche Bahn auf, für die aus dem Sondervermögen 18,8 Milliarden Euro eingeplant seien. Gleichzeitig würden die Schieneninvestitionen im Bundeshaushalt um 13,7 Milliarden Euro sinken. "Rechnet man die Eigenkapitalerhöhung der Deutschen Bahn raus, hat sich die Regierung 8,2 Milliarden Spielraum im Haushalt verschafft", so das Institut.
Bei der Sanierung der Autobahnbrücken wiederum sollen demnach 2026 rund 2,5 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen fließen. Gleichzeitig aber würden die Investitionen für Bundesfernstraßen im Kernhaushalt um 1,7 Milliarden Euro im Vergleich zu 2024 gekürzt.
Zuvor hatte bereits das Ifo-Institut der Regierung vorgeworfen, Infrastrukturinvestitionen aus dem Kernhaushalt in das schuldenfinanzierte Sondervermögen zu verlagern. "Ursprünglich war vorgesehen, dass Ausgaben aus dem schuldenfinanzierten Sondervermögen zusätzlich zu den Investitionen im regulären Bundeshaushalt geplant werden", sagte Ifo-Forscherin Emilie Höslinger. "Das passiert aber nicht." Tatsächlich verlagere die Bundesregierung Infrastruktur- und Digitalisierungsprojekte ins schuldenfinanzierte Sondervermögen und erhöhe stattdessen die Sozialausgaben im Kernhaushalt.
Quelle: ntv.de, chl/rts