Junta kämpft gegen Rebellen Myanmar verliert Kontrolle in Grenzregion zu China
02.11.2023, 16:07 Uhr Artikel anhören
In Myanmar steht das Militär unter Druck. Rebellen kontrollieren Teile des Landes.
(Foto: IMAGO/SNA)
Die Kämpfe in Myanmar weiten sich aus. Nachdem bewaffnete Rebellengruppen bei Attacken auf Außenposten viele Soldaten töten, meldet das Militär den Verlust mehrerer Städte im Norden des Landes. Derweil fordert Peking eine "sofortige" Waffenruhe.
Myanmars Militär hat nach eigenen Angaben die Kontrolle über eine strategisch wichtige Stadt im Norden des Landes an der Grenze zu China verloren. "Regierung, Verwaltungs- und Sicherheitsorgane sind nicht länger vor Ort", erklärte ein Sprecher der Militärjunta mit Bezug auf die Stadt Chinshwehaw. Im gesamten Bundesstaat Shan war es in den vergangenen Tagen zu Kämpfen zwischen einer Allianz von Rebellengruppen und der Armee gekommen.
Die Kämpfe hatten am vergangenen Freitag begonnen und breiteten sich im gesamten Bundesstaat Shan aus. In der Region ist ein Milliardenprojekt zum Bau einer Eisenbahntrasse als Teil der von China angestoßenen Infrastrukturinitiative Neue Seidenstraße geplant. Mehr als ein Viertel des Handels zwischen Myanmar und China wurde nach Angaben der Junta diesen Sommer über Chinshwehaw abgewickelt.
Die Ta'ang National Liberation Army (TNLA), die Arakan Army (AA) und die Myanmar National Democratic Alliance Army (MNDAA) erklärten, sie hätten mehrere Militärstellungen und wichtige Straßen eingenommen, die Myanmar mit seinem größten Handelspartner China verbinden. Insgesamt hätten sie die Kontrolle über vier Städte erlangt, neben Chinshwehaw seien dies Hpuang Seng, Hsenwi und Kyukok, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung. Dabei seien dutzende Militärangehörige getötet worden. In den Städten Hsenwi und Kunlong dauerten die Kämpfe demnach an.
China fordert Ende der Kämpfe
Die Regierung warf den Rebellengruppen vor, Kraftwerke und Brücken in die Luft gesprengt und Transportwege zerstört zu haben. Insgesamt sei in den vergangenen sechs Tagen an zehn Orten im Bundesstaat gekämpft worden, erklärte der Junta-Sprecher.
Die Vereinten Nationen befürchten, dass Tausende Menschen vertrieben wurden und zum Teil über die Grenze nach China flüchteten. Peking forderte eine "sofortige" Waffenruhe in der Region. China dränge "alle Seiten" zur Einstellung der Kämpfe, sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin.
Seit Jahrzehnten kommt es im Norden Myanmars immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen dem Militär und Rebellenorganisationen, die Teile des Landes kontrollieren. Dabei geht es sowohl um Autonomiebestrebungen als auch um wertvolle Ressourcen. Seit dem Putsch durch das Militär im Jahr 2021 haben sich die Kämpfe im früheren Birma verschärft. Seitdem bilden sich neue "Volksverteidigungskräfte". Viele bewaffnete Widerstandsgruppen verschiedener Minderheiten bekämpfen in mehreren Landesteilen des Vielvölkerstaates die Armee.
Bewaffnete Opposition tötet Soldaten
Ende Oktober hatten bewaffnete Gruppen nach Berichten bei koordinierten Angriffen mindestens 20 Soldaten getötet. Die "Brotherhood of the Northern Alliance", ein Bündnis aus drei ethnischen Oppositionsgruppen, habe im nördlichen Shan-Staat an der Grenze zu China in mehreren Orten Außenposten des Militärs attackiert, berichteten lokale Medien und Anwohner.
"Die Allianz hat das Zollamt in dem Ort Chinshwehaw besetzt und Junta-Truppen getötet", sagte ein Anwohner, der anonym bleiben wollte, vergangene Woche. "Es gibt bisher etwa 20 Tote." Die myanmarische Nachrichtenseite Mizzima News schrieb ebenfalls von 20 Opfern, darunter Soldaten und Polizisten. Es werde aber auch in anderen Städten gekämpft - etwa in Lashio, Kyaukme und Naungcho, die alle von der Junta kontrolliert würden, hieß es.
Myanmars Armee hatte vor rund zweieinhalb Jahren die De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi entmachtet und regiert seither mit eiserner Faust. Jeder Widerstand wird brutal unterdrückt. Die Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi wurde zu mehr als 30 Jahren Haft verurteilt und sitzt im Gefängnis.
Quelle: ntv.de, gut/dpa/AFP