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Truppenbewegungen an der Donau? Mysteriöse Putin-Schiffe in Moldau lösen Sorgen aus

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Der kleine Donau-Hafen von  Giurgiulești an der Grenze von Moldau, Rumänien und der Ukraine.

Der kleine Donau-Hafen von Giurgiulești an der Grenze von Moldau, Rumänien und der Ukraine.

(Foto: Screenshot Google Earth)

Die erste Runde der Wahl in Moldau ist vorüber - mit einem Ergebnis, das dem Kreml nicht gefällt. Anfang November treten nun die Pro-EU-Kandidatin und der russlandfreundliche Vertreter in einer Stichwahl an. Über allem schwelt eine mögliche, durch Moskau beförderte Eskalation. Ein kleiner Hafen könnte dabei eine Rolle spielen.

Schiffe aus Russland, die den moldauischen Donauhafen Giurgiulești angelaufen haben sollen, sorgen bei Analysten für erhöhte Wachsamkeit. Über die Ladung der Frachter ist zwar nichts bekannt - es könnte sich um harmlose Güter handeln - dennoch warnte kürzlich Olya Korbut von der Denkfabrik Zentrum für Europäische Politikanalyse. Sie spricht von einer "Besessenheit" des Kremls von "verdeckten Operationen". Möglicherweise trifft Moskau Vorbereitungen, um sich noch weiter in dem kleinen Land einzumischen.

Bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen in Moldau hatte sich kürzlich die pro-europäische Kandidatin Maia Sandu durchgesetzt. Zudem wurde dafür gestimmt, den EU-Kurs in der Verfassung zu verankern. Sandu warf Russland vor, die Freiheit und Demokratie mit dem Kauf von Hunderttausenden Stimmen angegriffen zu haben. Am 3. November findet die Stichwahl zwischen ihr und dem Zweitplatzierten, Alexandr Stoianoglo, einem russlandfreundlichen Sozialisten, statt. Es gibt die Sorge vor einer Eskalation, die durch Russland befördert werden könnte, sollte Sandu erneut gewinnen.

Vor einem solchen Szenario warnt seit Monaten der in der Ukraine lebende russische Journalist Andrij Klymenko. Er ist Leiter des Schwarzmeer-Instituts für Strategische Studien und berichtete Anfang Oktober über fünf Schiffe, die in den letzten Monaten von russischen Häfen aus über die Donau zum moldauischen Hafen Giurgiulesti gefahren sein sollen.

Klymenko beschuldigte Moskau, zu versuchen, einen "Anti-Maidan" in Moldau zu schaffen, also eine antieuropäische Agenda. Er erinnerte daran, dass Russland nach den pro-europäischen Maidan-Protesten in der Ukraine am Vorabend der Besatzung der Krim im Februar 2014 Spezialeinheiten vom Festland in einem alten Massengutfrachter in Sewastopol einlaufen ließ.

Zu etwas Vergleichbarem ist es in Moldau trotz des Sieges der pro-europäischen Maia Sandu bei der ersten Wahl nicht gekommen. Allerdings verfehlte sie die absolute Mehrheit, weswegen es bald zur Stichwahl kommt, die das kleine Land erneut in den Fokus der Weltöffentlichkeit rücken wird - und wohl auch in die Bestrebungen Russlands, Einfluss zu nehmen.

Mögliche Verbindung nach Transnistrien

Es besteht auch die Möglichkeit, dass Moskau die mysteriösen Schiffe nutzt, um über den Hafen Giurgiulești seine schwer erreichbaren Truppen zu versorgen, die in der von Moldau abtrünnigen Provinz Transnistrien stationiert sind. Die Analystin Olya Korbut schreibt, es gebe eine direkte Bahnverbindung aus Giurgiulești nach Transnistrien.

Russland soll Schwierigkeiten haben, das Offizierskorps seiner 1.500 Mann starken Truppe in der Region auszutauschen und Ausrüstung zu modernisieren. Offizieren werde die Durchreise durch Moldau bereits seit 2015 verwehrt, 2022 sei eine alternative Landroute unter wütenden Protesten aus Moskau geschlossen worden, schreibt Korbut.

Der Weg über den Hafen Giurgiulești soll deswegen eine Möglichkeit für Russland geworden sein, da die Route unter dem Schutz des internationalen Seerechts steht. Eine Durchsuchung von Frachtern durch das benachbarte Rumänien oder die Ukraine sei dadurch nicht möglich. Der Hafen Giurgiulești ist ein Freihafen und gehört der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. Er ist Moldaus einziger Zugang zum Meer.

Das Schwarzmeer-Institut für Strategische Studien forderte bereits Anfang Oktober, Maßnahmen zu ergreifen. Es sollten Sonderregelungen erlassen werden, um Durchsuchungen von russischen Schiffen, die Giurgiulești anlaufen, im rumänischen und ukrainischen Teil auf der Donau zu ermöglichen. "Das hohe Maß an Professionalität der Marinekräfte der ukrainischen Streitkräfte und die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Rumänien und Bulgarien im Getreidekorridor haben gezeigt, was möglich ist", schreibt Korbut.

Hafen-Betreiber widerspricht

Der niederländische Hafen-Betreiber Danube Logistics widersprach den Darstellungen später in einer Stellungnahme. Er räumte zwar ein, dass Frachtschiffe aus Russland Giurgiulești anlaufen, erklärte jedoch, die "aus Russland eingehende Ladung besteht ausschließlich aus Düngemitteln, die lose oder in großen Säcken transportiert werden, sowie aus Kohle in loser Form". Es sei reine Spekulation, anzunehmen, dass sich andere Güter auf den Schiffen befinden könnten, so das Unternehmen.

Zudem würden alle nach Moldau bestimmten Schiffe durch den Sulina-Kanal fahren und von den rumänischen Behörden kontrolliert werden. "Alle Importe über unseren Hafen unterliegen der Kontrolle durch staatliche Behörden, namentlich die Grenzpolizei, den Zoll und den Hafenmeister der Schifffahrtsagentur. Derzeit werden im Hafen bei der Ankunft alle Schiffe physisch überprüft. Diese Behörden verfügen über alle Informationen zu den Gütern, die in den Hafen gelangen", teilte Danube Logistics mit.

Quelle: ntv.de, rog

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