Politik

Reul warnt vor "Schnellschüssen" NRW-Minister: Hälfte der 250 Festgenommenen sind Deutsche

Silvesternacht in Düsseldorf - Nordrhein-Westfalens Innenminister Reul weist nach eigenen Angaben "seit Monaten" auf Probleme mit jungen Männern hin.

Silvesternacht in Düsseldorf - Nordrhein-Westfalens Innenminister Reul weist nach eigenen Angaben "seit Monaten" auf Probleme mit jungen Männern hin.

(Foto: dpa)

Die Silvester-Krawalle in Berlin sorgen für Schlagzeilen, aber auch in NRW gibt es viele Festnahmen. Laut Landesinnenminister Reul seien Gruppen junger Männer das Problem - ob mit oder ohne Migrationshintergrund. Eine zunehmende Brutalität sei zu beobachten.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul von der CDU hat nach den Silvester-Krawallen vor politischen "Schnellschüssen" und hastigen Schuldzuweisungen gewarnt. Seine Kritik, die er in einem Interview des Deutschlandfunks äußerte, richtete sich unter anderem gegen Bundesinnenministerin Nancy Faeser von der SPD.

Faeser hatte gesagt: "Wir haben in deutschen Großstädten ein großes Problem mit bestimmten jungen Männern mit Migrationshintergrund, die unseren Staat verachten, Gewalttaten begehen und mit Bildungs- und Integrationsprogrammen kaum erreicht werden." In Berlin und einigen anderen Städten waren in der Silvesternacht Menschen mit Böllern und Raketen beschossen worden. Teilweise gab es gezielte Attacken auf Polizei und Feuerwehrleute im Einsatz.

In NRW sei es in der Silvesternacht "nicht ganz so schlimm wie in Berlin" gewesen, jedoch schlimm genug, als dass man sich darum kümmern müsse, sagte Reul. Nach ersten vorläufigen Erkenntnissen seien in seinem Bundesland rund 250 Menschen - vor allem junge Männer - von der Polizei in Gewahrsam genommen worden. Etwa die Hälfte der vorübergehend Festgenommenen seien deutsche Staatsbürger. "Ich weise seit Monaten darauf hin, dass wir ein Problem haben mit Jungen, mit Gruppen junger Männer, mit migrantischem Hintergrund und ohne migrantischen Hintergrund", sagte Reul.

145 Festnahmen in Berlin - ein Drittel Deutsche

In Berlin waren nach bisherigen Angaben der Polizei unter den 145 vorübergehend festgenommenen Verdächtigen 45 Deutsche und 17 weitere Nationalitäten, darunter 27 Afghanen und 21 Syrer. 94 der 145 sind jünger als 25 Jahre, darunter 27 Minderjährige.

Innenpolitiker der Fraktionen von SPD, Grünen und Linken im Berliner Abgeordnetenhaus warfen der CDU-Fraktion Populismus vor. Hintergrund ist ein Fragenkatalog, in dem die Berliner CDU unter anderem nach Vornamen von Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit fragt. "Damit lässt die CDU ihre rechtspopulistische Maske fallen", sagte der innenpolitische Sprecher der SPD, Tom Schreiber.

Vasili Franco von den Grünen sagte: "Das ist eine Verbreitung von rassistischen Ressentiments." Der innenpolitische Sprecher der CDU, Frank Balzer, erklärte, es gehe seiner Partei um Transparenz. Die bisherigen Angaben der Polizei zur Nationalität der Verdächtigen reichten nicht aus. Man wolle wissen, ob es einen Migrationshintergrund gebe bei Verdächtigen mit deutschem Pass. Nach Angaben der Einsatzkräfte sei dies der Fall. "Wenn es dort ein Problem gibt, müssen wir es wissen und es ohne Vorurteile offenlegen", sagte Balzer.

"Gesamtgesellschaftliches Gewaltproblem"

"Wir haben ja gerade auch in Paris oder Lyon und Marseille ähnliche Entwicklungen über lange Jahre beobachten können, wo es immer wieder zu heftigen Gewaltausbrüchen kommt", sagte der Politikwissenschaftler Hans Vorländer. Dazu zählten auch Angriffe auf Polizei oder Feuerwehr. In Deutschland sei ebenfalls, wenn auch in weniger dramatischer Form, "ein gesamtgesellschaftliches Gewaltproblem" zu beobachten, konstatierte Vorländer, der Mitglied des Sachverständigenrates für Integration und Migration (SVR) ist.

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Dieses Problem existiere nicht nur in Vierteln mit einem hohen Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund, sondern sei etwa auch im Umfeld der Corona-Demonstrationen aufgetreten, bei rechtsextremen Aufzügen und in der gewaltbereiten Fußball-Fanszene, so Vorländer. Probleme gebe es vor allem mit jungen Männern und in einem bestimmten Umfeld, da "wo es Probleme der Unterbringung gibt, wo der Bildungsstand gering ist" und eine "verbreitete Straßenkultur des Sich-Zeigens, wo der Wunsch nach Anerkennung auch durch Gewaltakte vorherrscht". Um dem entgegenzuwirken, brauche es keine Sonderprojekte, sondern die "Stärkung der Regelsysteme Schule, Arbeit, Wohnen" sowie der Strafverfolgung und Justiz.

Eine Mehrheit der Bundesbürger ist einer Umfrage zufolge für ein bundesweites Verbot von privatem Feuerwerk. 61 Prozent der Deutschen würden dies laut der Erhebung des Meinungsforschungsinstituts YouGov befürworten. 41 Prozent sind "voll und ganz" dafür, 20 Prozent "eher". 33 Prozent lehnen ein solches Verbot demnach ab, 6 Prozent machten keine Angabe.

Quelle: ntv.de, kst/dpa

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