"Nicht mehr Altkanzler nennen" Esken ruft Schröder zum SPD-Austritt auf
26.04.2022, 16:29 Uhr (aktualisiert)Nach dem Interview mit der "New York Times" geht die SPD-Spitze weiter auf Distanz zu Gerhard Schröder. Co-Chefin Saskia Esken will den Ex-Kanzler nicht mehr in der Partei sehen - und ihn zudem nicht weiter mit dem Attribut "Altkanzler" versehen.
SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken hat Gerhard Schröder aufgefordert, aus der SPD auszutreten. Schröder agiere seit Jahren nur noch als Geschäftsmann, sagt Esken im Deutschlandfunk. "Wir sollten aufhören, ihn als Elder Statesman, als Altkanzler wahrzunehmen. Er verdient sein Geld mit der Arbeit für russische Staatsunternehmen, und seine Verteidigung Wladimir Putins gegen den Vorwurf der Kriegsverbrechen ist regelrecht absurd." Esken weiter: Das Niederlegen seiner Mandate bei russischen Konzernen "wäre notwendig gewesen, um sein Ansehen als ehemaliger und einst erfolgreicher Kanzler zu retten. Und diesem Rat ist er leider nicht gefolgt", sagte Esken. Es würden bereits mehrere Anträge auf einen Parteiausschluss geprüft.
Für einen solchen Parteiausschluss sprach sich auch die Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering aus. Bei Twitter schrieb sie: "Gerhard Schröder schadet unserem Land, unserem internationalen Ansehen - und besonders auch der SPD." Müntefering, die auch dem SPD-Parteivorstand angehört, forderte zudem, dass die Partei "keinen Cent seiner Mitgliedsbeiträge" mehr annimmt. "Das ist schmutziges Geld", schrieb sie.
Die SPD-Spitze hat sich schon lange von Schröder distanziert. Die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil haben ihn Ende Februar in einem Brief aufgefordert, seine Posten bei den Staatsunternehmen niederzulegen. In einem am Samstag veröffentlichten Interview mit der "New York Times" sagte Schröder, er würde zurücktreten, sollte der russische Präsident Wladimir Putin Deutschland und der Europäischen Union das Gas abdrehen. Mit einem solchen Szenario rechne er nicht. Sollte es aber doch dazu kommen, "dann würde ich zurücktreten". Von welchen Posten er zurücktreten wolle, sagte er nicht.
Wüst nennt Interview "ziemlich verstörend"
Schröder ist Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energieriesen Rosneft und Vorsitzender des Gesellschafterausschusses der Pipeline-Gesellschaft Nord Stream. Außerdem ist er im zuständigen Handelsregister nach wie vor als Verwaltungsratspräsident der Nord Stream 2 AG eingetragen.
Zuvor hatte bereits NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst Konsequenzen nach dem Schröder-Interview in der "New York Times" angemahnt. "Das Interview in der 'New York Times' ist schon ziemlich verstörend und es muss Folgen haben", sagte Wüst bei Bild TV. "Die gesamte SPD-Führung hat gesagt: Wenn Gerhard Schröder an seinen gut bezahlten Mandaten bei Putin festhält, kann er nicht mehr Mitglied der SPD sein." Jetzt sage er, dass er genau das vorhabe. "Deshalb ist die SPD jetzt aufgerufen, ihren Worten Taten folgen zu lassen."
Wüst regte im Zuge der Debatte über Schröders Posten eine Neuregelung bei den Bezügen von Altkanzlern an. Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko sagte der "Bild"-Zeitung, es sollte über das Einfrieren von Schröders Konten nachgedacht werden, wenn er seine Posten fortführe. Klitschko kritisierte demnach auch Schröder-Aussagen in der "New York Times". "Angesichts seiner Propaganda für den Kreml fragt man sich, warum Schröder in Hannover wohnt und nicht in Moskau."
(Dieser Artikel wurde am Montag, 25. April 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, jog/dpa