Politik

Parteienfinanzierung der HDP Nächster Gerichtsentscheid, der Erdogan hilft

Unterstützerinnen und Unterstützer der pro-kurdischen HDP bei einer Demonstration in Istanbul.

Unterstützerinnen und Unterstützer der pro-kurdischen HDP bei einer Demonstration in Istanbul.

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

Der türkische Präsident Erdogan will in diesem Jahr ein letztes Mal nach der Macht in seinem Land greifen. Gewinnt er die Wahlen im Juni, könnte er zum Regenten eines ganzen Vierteljahrhunderts werden. Innerhalb kurzer Zeit spielen ihm nun mehrere Gerichtsurteile gegen die Konkurrenz in die Hände.

Weniger als sechs Monate vor der Präsidentschafts- und Parlamentswahl in der Türkei hat das türkische Verfassungsgericht in Ankara die pro-kurdische Partei HDP wegen des Vorwurfs der "Verbindungen zum Terrorismus" vorerst von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen. Die Gerichtsentscheidung ziele darauf ab, faire und demokratische Wahlen zu verhindern, erklärte die HDP.

Gegen die Partei läuft derzeit auch ein Verbotsverfahren wegen des Vorwurfs "terroristischer Aktivitäten". Eine Entscheidung könnte am kommenden Dienstag fallen.

Bei einem Verbot der linksgerichteten HDP würde Erdogan rechtzeitig vor der Präsidentschafts- und Parlamentswahl im Juni einen wichtigen politischen Gegner kalt stellen. Es ist die nach seinen Verkündungen letzte große Wahl, bei der Erdogan antreten möchte. Der konservative Präsident steht derzeit jedoch innenpolitisch immens unter Druck, insbesondere wegen der Wirtschaftskrise und der extrem hohen Inflationsrate. Der HDP könnte als derzeit drittstärkster Kraft nach der Wahl eine zentrale Rolle bei der Regierungsbildung zufallen.

Imamoglu aus dem Weg geräumt?

Am 14. Dezember hatte ein Istanbuler Gericht bereits eine Entscheidung getroffen, die Erdogan in die Hände spielt. Der Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu von der sozialdemokratischen Oppositionspartei CHP wurde zu mehr als zwei Jahren Haft verurteilt. Zudem wurde ihm ein ebenso langes Politikverbot auferlegt.

Imamoglu wurde für die anstehenden Wahlen eigentlich als einer der möglichen Herausforderer des amtierenden Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gehandelt. Ihm wird zur Last gelegt, Beamte rund um die Kommunalwahlen im Jahr 2019 öffentlich beleidigt zu haben. Imamoglus Anwalt hatte Berufung gegen das Urteil angekündigt.

Die Gerichtsentscheidung des Verfassungsgerichts in Ankara schwächt nun auch die pro-kurdische HDP. Sie hätte laut dem türkischen Nachrichtensender NTV in diesem Jahr umgerechnet 27 Millionen Euro aus der staatlichen Parteienfinanzierung erhalten sollen, ein Drittel davon noch vor dem 10. Januar. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch erklärte, die Gerichtsentscheidung zeige, dass die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan Gerichte dazu missbrauche, die politische Opposition "zu benachteiligen, aus dem Weg zu räumen und zu bestrafen".

Erdogan will das letzte Mal antreten

Die linksgerichtete HDP ist die drittgrößte Partei im türkischen Parlament. Präsident Erdogan beschuldigt die Oppositionspartei regelmäßig, der politische Arm der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans PKK zu sein, die im Südosten des Landes und im Nordirak gegen die türkische Armee kämpft. Die HDP weist die Vorwürfe zurück.

Westliche Länder kritisieren das Vorgehen gegen die Partei als politisch motiviert. Bei der Parlamentswahl 2018 hatte die HDP knapp sechs Millionen Stimmen erhalten. Die islamisch-nationalistische Regierung von Erdogan geht seit Jahren hart gegen die Partei vor. Viele ihrer Anhänger und Vertreter sitzen im Gefängnis - etwa der ehemalige Co-Vorsitzende der Partei Selahattin Demirtas.

Erdogan hingegen ist seit 2003 an der Macht, zunächst als Regierungschef und seit 2014 als Präsident. Gewinnt Erdogan die Wahlen im Juni, und stimmen seine jüngsten Aussagen, dann wäre für ihn spätestens 2028 Schluss als Präsident der Türkei - nach einem ganzen Vierteljahrhundert der Regentschaft.

Quelle: ntv.de, mpe/AFP

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