SPD prangert Medienbericht an Nahles: "Ein Hund stimmt nicht mit ab"
20.02.2018, 19:39 Uhr
Nahles will gegen die Berichterstattung über einen abstimmenden Hund vorgehen.
(Foto: dpa)
Rund 460.000 Mitglieder dürfen beim SPD-Mitgliederentscheid über eine Große Koalition abstimmen - Hunde aber nicht. Dies stellt die SPD noch einmal klar und reagiert damit auf einen Medienbericht. Außerdem kündigt sie rechtliche Schritte an.
Die SPD geht wegen des Berichts über die vermeintliche Aufnahme eines Hundes in die SPD gegen die "Bild"-Zeitung vor. Ein entsprechender Artikel sei in seiner Kernaussage falsch, erklärte die Partei. "Ein Hund stimmt nicht mit ab", versicherte die SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles. Die SPD kritisiert zudem, dass die "Bild"-Zeitung bei der Recherche durch die Angabe falscher Identitäten beim angeblichen Parteieintritt den deutschen Pressekodex verletzt habe.
Die "Bild"-Zeitung hatte über einen erfolgreichen Online-Antrag für eine Parteimitgliedschaft berichtet, hinter der sich eine Hündin namens "Lima" verberge. Die SPD spricht nun von Täuschungsabsicht und einer Kampagne, denn der Hund ist drei Jahre alt, das Formular wurde mit den Angaben einer 21 Jahre alten Frau ausgefüllt. So sei kein Hund eingetreten. Sie geht mit einem Medienanwalt und einer Beschwerde beim Presserat gegen das Blatt vor.
Der mit der Angelegenheit beauftragte Medienanwalt Christian Schertz erklärte, dem Pressekodex zufolge müssten Journalisten sich bei ihrer Recherche klar zu erkennen geben. "Insbesondere in Zeiten von Fakenews und Lügenpresse-Vorwürfen sind diese Vorgaben unbedingt einzuhalten und hier verletzt worden."
Strafrechtliche Täuschung?
Der Bericht sei in seiner Kernaussage auch falsch, soweit er sich auf das Mitgliedervotum beziehe. Denn jeder Abstimmende müsse neben dem Stimmzettel eine eidesstattliche Erklärung zu seiner oder ihrer Identität abgeben. Würde also jemand für das angebliche Mitglied "Lima" eine Stimme abgeben, müsste er die eidesstattliche Erklärung unterschreiben. Die designierte Parteichefin Nahles sagte, wenn sich ein Mensch als Hund ausgebe, sei dies eine strafrechtliche Täuschung.
Im Zuge des am Dienstag gestarteten Mitgliederentscheids zur Großen Koalition waren zahlreiche Menschen kurzfristig in die SPD eingetreten. 460.000 SPD-Mitglieder können nun beim Mitgliederentscheid bis zum 2. März über den Koalitionsvertrag abstimmen. Am 4. März wird ausgezählt. Der Mitgliederentscheid kostet rund 1,5 Millionen Euro.
Die designierte Parteichefin Andrea Nahles rief die Mitglieder auf, sich an der Abstimmung zu beteiligen. "Sternstunde der innerparteilichen Demokratie". Zugleich zeigte sich zuversichtlich, dass die Mitglieder den Koalitionsvertrag billigen werden. Es werde breit anerkannt, was die SPD habe durchsetzen können.
SPD sackt in Umfragen immer mehr ab
Die Partei steckt mitten in einem historischen Umfragetief. Der Berliner Parteienforscher Oskar Niedermayer hält es für möglich, dass der Absturz der SPD in der Wählergunst den Befürwortern einer Neuauflage der Großen Koalition Rückenwind geben könnte.
In einer Insa-Umfrage für die "Bild" war die SPD mit 15,5 Prozent erstmals bundesweit hinter die AfD gefallen. In anderen Umfragen liegt die Partei bei 16 Prozent. "Es könnte durchaus sein, dass die Tatsache, dass die SPD jetzt von einem Institut schwächer gesehen wird als die AfD den Befürwortern der GroKo sogar nutzt mit dem Argument: Seht Ihr, was uns passieren kann, wenn wir jetzt nicht zustimmen, sondern durch eine Ablehnung Neuwahlen provozieren", sagte Politikexperte Niedermayer. Es sei eine konkrete Gefahr, dass die SPD dann hinter der AfD lande.
Juso-Chef Kevin Kühnert forderte im Hessischen Rundfunk personelle Veränderungen, damit die SPD jünger, weiblicher und vielfältiger werde. Er ist einer der bekanntesten Kritiker einer Großen Koalition und will noch bis Anfang März die Mitglieder mobilisieren.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, sagte, er sehe die Entwicklung bei der SPD ohne Schadenfreude. Deutschland tue es gut, zwei größere Volksparteien zu haben. Demokratie lebe von Alternativen.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt merkte an, die SPD sei eine Volkspartei auf kleinerem Niveau. "Inwieweit der neue Maßstab für Volksparteien noch nach unten weiterentwickelt werden kann, wird in den nächsten Wochen zu beobachten sein." Zugleich äußerte er sich zuversichtlich, da die SPD-Mitglieder dem Koalitionsvertrag zustimmen werden. Die Gewichte darin entsprächen etwa den Prozentzahlen bei der Bundestagswahl.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa/rts