21 Hilfsschiffe gestoppt Scharfe Kritik an Israels Einsatz gegen Gaza-Flotte
02.10.2025, 14:06 Uhr Artikel anhören
Die Aufnahmen zeigen, wie israelische Streitkräfte eines der Hilfsschiffe betreten.
(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)
Israelische Streitkräfte stoppen einen Teil der Gaza-Hilfsflotte "Global Sumud Flotilla". Zahlreiche Regierungschefs verurteilen das Vorgehen gegen die propalästinensischen Aktivisten. Mehrere Länder kündigen Konsequenzen an.
Israels Vorgehen gegen die sogenannte Global Sumud Flotilla mit propalästinensischen Aktivisten an Bord hat scharfe internationale Reaktionen ausgelöst. Die türkische Regierung bezeichnete den Einsatz als "Terrorakt", der das Leben unschuldiger Zivilisten gefährde. Die Staatsanwaltschaft in Istanbul leitete Ermittlungen wegen der Festnahme von 24 türkischen Staatsbürgern ein.
Israelische Streitkräfte hatten einen Teil einer internationalen Hilfsflotte für den Gazastreifen gestoppt und mehrere Aktivisten festgesetzt. Unter den Festgehaltenen befindet sich auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg.
Mehrere Schiffe der Flotte seien sicher gestoppt worden und ihre Passagiere würden in einen israelischen Hafen gebracht, teilte das israelische Außenministerium auf der Plattform X mit. Thunberg und ihre Begleiter seien wohlauf.
Der kolumbianische Präsident Gustavo Petro wies nach der Festnahme von zwei Kolumbianern die gesamte diplomatische Vertretung Israels aus. Zudem kündigte er das Freihandelsabkommen mit Israel auf.
Auch der malaysische Ministerpräsident Anwar Ibrahim verurteilte die Aktion. In Italien riefen Gewerkschaften für Freitag zu einem Generalstreik auf.
Spaniens Außenminister verteidigt Aktivisten
Spanien rief zudem den Geschäftsträger des Landes ein, wie Außenminister José Manuel Albares bekanntgab. Die bei dem Abfangen der Boote Festgenommenen bezeichnete er im Fernsehsender TVE als "friedliche Bürger, die ausschließlich humanitäre Ziele verfolgt" und daher für "niemanden eine Gefahr dargestellt" hätten.
Albares zufolge reisten auf der sogenannten Global Sumud Flotilla insgesamt 65 spanische Staatsbürger mit. Bislang liegen keine Angaben dazu vor, wie viele von ihnen festgenommen wurden.
Die Beziehungen zwischen Spanien und Israel sind vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs angespannt. Spaniens linksgerichteter Regierungschef Pedro Sánchez zählt zu den schärfsten Kritikern des militärischen Vorgehens Israels im Gazastreifen, das er als "Völkermord" bezeichnet hat.
Spanien erkannte im Mai einen Palästinenserstaat an, woraufhin Israel seinen Botschafter aus Madrid zurückzog. Das Land wird derzeit nur durch einen Geschäftsträger vertreten.
Aktivisten sprechen von "Akt der Piraterie"
Die Organisatoren der Flotte bezeichneten das Vorgehen Israels als "Kriegsverbrechen" und "Akt der Piraterie". Die Schiffe seien illegal in internationalen Gewässern abgefangen und geentert worden. Sie befanden sich demnach etwa 70 Seemeilen vor der Küste, als sie gestoppt wurden.
Die israelische Regierung bezeichnete die Mission wiederholt als Provokation. Die Marine habe die Flotte gewarnt, dass sie sich einer aktiven Kampfzone nähere. Aufforderungen, die Hilfsgüter auf See zu übergeben, seien die Aktivisten wiederholt nicht nachgekommen. "Diese systematische Weigerung zeigt, dass das Ziel nicht humanitär, sondern provokativ ist", schrieb der israelische Botschafter in Italien, Jonathan Peled, auf X.
Die israelische Marine hat im Mittelmeer nach Angaben der Organisatoren einer privaten Flotte mit Hilfslieferungen für den Gazastreifen bislang 21 Boote abgefangen. Bei weiteren zehn sei dies anzunehmen, da der Kontakt zu ihnen abgebrochen sei.
Nach einem von der Trägerorganisation der Global Sumud Flotilla betriebenen Schiffsortungsdienst im Internet setzten am Morgen jedoch noch elf der Motor- und Segelboote ihre Fahrt Richtung Gazastreifen fort. Zwei Boote liefen Richtung Zypern. Ein Segelboot befand sich demnach nur noch etwa 15 Kilometer vor der Küste des Kriegsgebiets, machte jedoch keine Fahrt mehr.
Der israelische Militäreinsatz in internationalen Gewässern hatte am späten Mittwochabend begonnen. Aktivisten schrieben, mindestens ein Schiff sei gerammt worden, weitere Boote seien mit Wasserwerfern beschossen worden. Dabei sei niemand verletzt worden. In mehreren europäischen Städten, darunter auch Berlin, kam es zu Demonstrationen gegen die Militäraktion.
Soldaten entern Segelboote
Live übertragene Bilder von Kameras an Bord einiger Boote zeigten, wie schwer bewaffnete maskierte Soldaten Boote der Flottille enterten und die Besatzungen aufforderten, die Hände hochzunehmen. Das israelische Militär äußerte sich am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur zunächst nicht.
Die propalästinensische "Global Sumud Flotilla" war Ende August von Barcelona aus in See gestochen. Ursprünglich bestand sie aus mehr als 40 zivilen Schiffen mit rund 500 Parlamentariern, Anwälten und Aktivisten an Bord. Ihre Teilnehmer wollten nach eigener Darstellung Hilfslieferungen für die Bevölkerung des von Israel und Ägypten seit Jahren abgeriegelten Gazastreifens an Land bringen und gegen Israels militärisches Vorgehen in dem Küstenstreifen protestieren.
Nicht der erste Versuch
Israel hält seit der Machtübernahme der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen 2007 eine Seeblockade aufrecht. Es gab bereits mehrere Versuche, diese zu durchbrechen. Im Jahr 2010 wurden bei der Erstürmung einer ähnlichen Flotte durch israelische Soldaten neun Aktivisten getötet. Bereits im Juni dieses Jahres hatten israelische Marine-Einheiten Thunberg und elf weitere Aktivisten eines Schiffes festgenommen, als sie sich dem Gazastreifen näherten.
Der israelische Militäreinsatz im Gazastreifen begann nach einem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. Dabei wurden israelischen Angaben zufolge rund 1200 Menschen getötet und 251 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Durch die darauffolgende israelische Offensive kamen im Gazastreifen nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörden bislang mehr als 65.000 Menschen ums Leben.
Quelle: ntv.de, nbr/dpa/AFP/rts