Auf Empfehlung von Boris Johnson Oligarchensohn wird Lord im Oberhaus
18.12.2020, 15:36 Uhr
Der Besitzer der Zeitung "The Independent" gilt als enger Freund von Premier Johnson.
(Foto: REUTERS)
Ein russischer Oligarchensohn darf sich ab sofort "Lord Lebedew" nennen. Der Medienmogul verdankt seinen Sitz im britischen Oberhaus keinem geringeren als Premierminister Boris Johnson. Während sein Vater noch für den KGB spionierte, gehört der Sohn nun zum einflussreichen Zirkel reicher Russen in London.
Mit dem klangvollen Titel "Baron von Hampton im London Borough Richmond upon Thames und Sibirien in der Russischen Föderation" ist der russische Medienmogul Jewgeni Lebedew nun Mitglied des britischen Oberhauses. Der 40-Jährige wurde für "seine Verdienste um die Medienindustrie und seine philanthropische Arbeit" geadelt, auf Vorschlag von Premierminister Boris Johnson. Der Eigentümer der britischen Zeitungen "Evening Standard" und "The Independent" gilt als enger Freund des Regierungschefs.
Mit der Vereidigung in der zweiten Kammer - dem House of Lords - habe Lebedew seinen sozialen Status zementiert, sagte die Expertin Elisabeth Schimpfössl, die den Einfluss reicher Russen im Vereinigten Königreich erforscht. "Er ist mehr ein Prominenter denn ein Geschäftsmann." Gemeinsam mit seinem Vater, dem Oligarchen und ehemaligen KGB-Mitarbeiter Alexander Lebedew, gehöre er schon seit Jahren zum britischen Establishment. Einer Fraktion schloss sich Jewgeni Lebedew nicht an. Die Oligarchen betrieben "Imagewäsche", erläuterte Schimpfössl.
Vorwurf der Vetternwirtschaft
Seine Berufung ins Oberhaus hatte Johnson den Vorwurf der Vetternwirtschaft eingebracht. Die konservative britische Regierungspartei steht in der Kritik, sich allzu bereitwillig von russischen Großspendern unterstützen zu lassen. Ein im Juli veröffentlichter Bericht eines britischen Geheimdienstausschusses hatte britischen Regierungen vorgeworfen, sie empfingen Oligarchen aus Russland "mit offenen Armen". Großbritannien sei eines der Top-Ziele für russische Einflussversuche im Westen. Auch Forschungseinrichtungen und Universitäten werden häufig von russischen Oligarchen bedacht.
In London haben sich zahlreiche reiche Russen niedergelassen. Zu den bekanntesten zählen Roman Abramowitsch, dem der englische Fußballclub FC Chelsea gehört, sowie der Investor Leonard Blavatnik. Für Aufsehen sorgte der Tod des Oligarchen Boris Beresowski 2013, der als Intimfeind von Kremlchef Wladimir Putin galt. Er wurde stranguliert im Haus seiner Ex-Frau in Berkshire westlich von London aufgefunden. Die Polizei ging von Selbstmord aus, der Gerichtsmediziner dagegen schloss Fremdeinwirkung nicht aus.
Quelle: ntv.de, mau/dpa