"Bizarrer Vorgang" Opposition kritisiert Maaßen-Auftritt
12.09.2018, 17:31 Uhr
Maaßen steht schwer unter Druck.
(Foto: dpa)
Bundesverfassungsschutz-Chef Maaßen muss im Bundestag gleich zwei Mal zu den Vorkommnissen von Chemnitz aussagen. Oppositionspolitiker fordern nach dem ersten Auftritt seinen Rücktritt. Am Abend folgt der Innenausschuss mit Horst Seehofer.
Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) des Bundestags ist zusammengekommen, um Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen zu seinen umstrittenen Äußerungen über Chemnitz zu befragen. Vor der Sitzung legte Linken-Vertreter André Hahn dem Behördenleiter den Rücktritt nahe. Maaßens Erklärungen zu dem Interview seien lediglich der "Versuch, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen". Es wäre das Beste, wenn Maaßen sich für sein Verhalten entschuldigen würde und zurückträte, sagte Hahn.
Vor Beginn der geheimen Sitzung sagte der Gremiumvorsitzende Armin Schuster: "Wir müssen die leidige Debatte um Aussagen eines Behördenleiters jetzt zum Ende bringen." Die Diskussion der vergangenen Tage um Maaßen sei angesichts der zu lösenden Probleme des Landes nicht verhältnismäßig gewesen. Maaßen selbst äußerte sich bei seinem Eintreffen erwartungsgemäß nicht. Inhalte der Sitzung dürfen nicht nach außen dringen.
Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sprach von einem "bizarren Vorgang". Er warf Maaßen vor, mit keiner Silbe über die teils aggressiven Ausschreitungen in Chemnitz gesprochen zu haben. Schuster wollte den Vorgang nach der Sitzung nicht bewerten und sich auch nicht auf etwaige Konsequenzen für den Behördenchef festlegen. "Das Ergebnis dieser beiden Sitzung ist nicht alternativlos", sagte er.
Weitere Befragung mit Seehofer
Nach dem PKGr soll am Abend der Bundestagsinnenausschuss Maaßen befragen. Zu dieser Sitzung wird auch Innenminister Horst Seehofer erwartet. Maaßen hatte die Authentizität eines Videos in Zweifel gezogen, das Übergriffe auf Ausländer in Chemnitz zeigt. In einem Bericht an Seehofer rückte er laut Medienberichten inzwischen davon ab. Auch nach dem Kontrollgremium fordert Linken-Politiker Hahn Maaßens Rücktritt, weil es seiner Meinung nach schon mehrere Fehler in der Vergangenheit gab.
Seehofer, der den Bericht des Verfassungsschutz-Chefs angefordert hatte, sagte der Deutschen Presse-Agentur zu den Vorfällen in Chemnitz: "Die Vorgänge sind unschön. Wir haben es mit Rechtsradikalen zu tun. Wir haben es mit antisemitischen Vorfällen zu tun und haben es aber auch mit einem Fall eines Gewaltverbrechens zu tun." Und weiter: "Wir müssen alle drei Dinge bekämpfen, analysieren und auch mit Konsequenzen versehen soweit es um das Verbrechen geht."
Aus einem internen Lagefilm der Polizei geht laut der ZDF-Sendung "Frontal 21" hervor, dass es die Polizei Chemnitz am 27. August mit einer intensiven Bedrohungslage zu tun hatte. Weiter gehe aus dem Polizeibericht hervor, dass es zwischen 21.00 und 22.00 Uhr mehrfach Versuche rechtsgerichteter Gewalttäter gab, linke Demonstranten oder Ausländer zu attackieren. Um 21.42 Uhr heißt es in dem Bericht: "100 vermummte Personen (rechts) suchen Ausländer." Für 21.47 Uhr vermeldet laut "Frontal 21" der Bericht: "20 bis 30 vermummte Personen mit Steinen bewaffnet in Richtung Brühl, Gaststätte 'Schalom'". Die angezeigte Attacke auf das jüdische Restaurant in Chemnitz hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt.
Aus der SPD hieß es, Maaßen habe sich in den vergangenen Monaten schon einige Fehlgriffe geleistet. Daher gebe es keinen Grund, ihn jetzt zu schonen. SPD-Obmann Uli Grötsch sagte, Maaßen habe das nach der NSU-Mordserie mühsam wieder aufgebaute Vertrauen der Bürger in den Verfassungsschutz schwer beschädigt. "Politische Wertungen" seien nicht die Aufgabe des BfV-Präsidenten.
Quelle: ntv.de, sgu/AFP/dpa