Kritik nach Tod von Liu Xiaobo Peking legt Protest in Berlin ein
14.07.2017, 09:33 Uhr
In Hongkong gedenken Menschen des Nobelpreisträgers Liu Xiaobo.
(Foto: imago/ZUMA Press)
Weltweit wird des verstorbenen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo gedacht. Zudem wird China aufgefordert, die Witwe des langjährigen politischen Gefangenen aus ihrem Hausarrest zu entlassen. In Peking allerdings reagiert man darauf sehr angesäuert.
China hat gegen die Kritik der Bundesregierung wegen des Todes von Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo Protest eingelegt. Der Protest richte sich gegen Deutschland, Frankreich und die Vereinten Nationen, sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Geng Shuang, in Peking.
Bereits zuvor hatte China andere Regierungen aufgefordert, sich "nicht in die inneren Angelegenheiten" der Volksrepublik einzumischen. Staaten, die Peking wegen seines Umgangs mit dem am Donnerstag verstorbenen Nobelpreisträgers kritisiert hatten, sollten Chinas "Justiz und Souveränität respektieren", sagte ein Sprecher des Außenministeriums laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua.
"Der Umgang mit dem Fall von Liu Xiaobo gehört zu Chinas inneren Angelegenheiten, und andere Länder sind in keiner Position, unsachgemäße Bemerkungen zu machen", sagte der Sprecher weiter.
Derweil wird nicht nur von den chinesischen Staatsmedien der Tod Lius weitgehend ignoriert. Auch in den sozialen Netzwerken sollen die Todesnachricht und vor allem die Trauer darüber keine Spuren hinterlassen. Nicht nur Würdigungen des Dissidenten in sozialen Online-Netzwerken wurden gelöscht, sogar einfache Bildsymbole wie eine Kerze wurden zensiert.
Die chinesische Suchmaschine Baidu zeigte keine Suchergebnisse zu Lius Tod an, der Kurzmitteilungsdienst Weibo blockierte die Verwendung von Lius Namen und sogar die seiner Initialen LXB. Auch Andeutungen auf Lius Tod wie die Abkürzung "RIP" für "Ruhe in Frieden" wurden in chinesischen Online-Netzwerken blockiert. Trauernde Nutzer verfielen daher darauf, ein Kerzen-Symbol zu posten. Dieses wurde bei Weibo aber ebenfalls gelöscht. Später wurde das Kerzen-Symbol bei der Verwendung von Computern gar nicht mehr als Emoticon angeboten. Auch das chinesische Wort für Kerze wurde blockiert.
"Schwere Verantwortung für vorzeitigen Tod"
Der 61 Jahre alte Bürgerrechtler, der 2009 wegen "Untergrabung der Staatsgewalt" zu elf Jahren Haft verurteilt worden war, starb am Donnerstag nach einem schweren Krebsleiden in einem Krankenhaus - dorthin war er gut einen Monat zuvor verlegt worden. Sein Leben lang hatte sich der Bürgerrechtler friedlich für Demokratie, Menschenrechte und Toleranz in China eingesetzt. 2010 erhielt er dafür den Friedensnobelpreis, was Chinas Regierung empörte. Dies sei "eine Verhöhnung des Friedenspreises" gewesen.
Mehrere Menschenrechtsorganisationen kritisierten auch den Umgang der chinesischen Regierung mit Dissidenten. "Wir finden es zutiefst verstörend, dass Liu Xiaobo nicht in eine Einrichtung verlegt wurde, in der er eine angemessene medizinische Behandlung hätte bekommen können, bevor das Endstadium seiner Krankheit begann", erklärte die Präsidentin des Nobelkomitees, Berit Reiss-Andersen, und fügte an: "Die chinesische Regierung trägt eine schwere Verantwortung für seinen vorzeitigen Tod."
Die Bundesregierung hatte seine Behandlung in Deutschland angeboten, auch die USA boten ihre Hilfe an. Die chinesischen Behörden hatten aber bis zuletzt die Behandlung des als Staatsfeind eingestuften Dissidenten im Ausland verweigert.
"Gigant der Menschenrechte"
Während der Autor die vergangenen Jahre im Gefängnis verbrachte, wurde seine Ehefrau Liu Xia in Peking unter Hausarrest gestellt. Politiker appellierten an China, die Witwe ohne Restriktionen ausreisen zu lassen. Neben der EU und dem US-Außenministerium verlangte auch die Bundesregierung von Peking, die Einschränkungen der Bewegungs- und Kommunikationsfreiheit von Liu Xia aufzuheben. Sie und ihr Bruder Liu Hui sollten auf Wunsch umgehend nach Deutschland oder in ein anderes Land ihrer Wahl ausreisen dürfen, forderte Außenminister Sigmar Gabriel.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk appellierten an die Regierung in Peking, keine Auflagen für das Begräbnis zu machen und die Familie in Ruhe trauern zu lassen. Auch sollten die Witwe und deren Bruder die Erlaubnis erhalten, China zu verlassen, erklärten Tusk und Juncker. Sie fügten hinzu: "Wir bekräftigen den Appell der Europäischen Union, alle aus Gewissensgründen Inhaftierten in China freizulassen."
UN-Menschenrechtskommissar Zeid Ra'ad Al Hussein bezeichnete Liu als "die wahre Verkörperung" demokratischer Ideale. Amnesty International nannte ihn einen "Giganten der Menschenrechte". US-Außenminister Rex Tillerson nannte Liu Xiaobo einen Vorkämpfer für Freiheit, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit in China, dessen Witwe nun aus dem Hausarrest entlassen werden müsse. Präsident Donald Trump kondolierte den Hinterbliebenen zwar in einer knappen Mitteilung, verzichtete aber auf eine derartige Forderung an Peking.
Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP