Schnelle Ausrüstungsbeschaffung Pistorius will "Fesseln" der Bundeswehr abwerfen
26.04.2023, 18:28 Uhr Artikel anhören
"Die Fesseln, die wir selber uns angelegt haben, werden wir abwerfen", sagt Pistorius.
(Foto: picture alliance / photothek)
Um die Bundeswehr schneller mit benötigter Ausrüstung zu versorgen, krempelt Verteidigungsminister Pistorius das Beschaffungswesen um. Wichtige Entscheidungen sollen künftig auch unterhalb der Ministerebene getroffen werden.
Mit einer Reihe von internen Erlassen will Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius das Beschaffungswesen der Bundeswehr beschleunigen. Bei Entscheidungen zur Beschaffung von dringend benötigtem neuen Material für die Truppe solle künftig "der Faktor Zeit die erste Priorität" haben, sagte Pistorius in Berlin. Deswegen solle in Zukunft vor allem solche Ausrüstung gekauft werden, die bereits auf dem Markt verfügbar ist - auf aufwändige und zeitraubende Neuentwicklungen solle verzichtet werden.
"Die Fesseln, die wir selber uns angelegt haben, werden wir abwerfen", sagte Pistorius. "Die Zeitenwende muss vorgelebt werden." Seine internen Weisungen zur Beschaffung träten umgehend in Kraft. Ein Kernpunkt der Reform sei dabei, dass Beschaffungs-Entscheidungen nicht immer von der Spitzenebene des Hauses gefällt werden müssten. "Nicht alles muss der Minister entscheiden oder die Staatssekretäre", sagte Pistorius.
"Wir haben leider eine Kultur im Haus vorgefunden, dass Entscheidungen nicht immer dort getroffen wurden, wo sie zu treffen sind, oder sich mehrfach abgesichert wurde", sagte er weiter. Nun gehe es darum, im Verteidigungsministerium "Risikobereitschaft zu fördern".
"Bis vor anderthalb Jahren hatten wir viel Zeit und wenig Geld"
Pistorius sagte, von jetzt an sollten die Inspekteure - also die ranghöchsten Soldaten von Heer, Marine und Luftwaffe - früher und immer wieder in die Beschaffung eingebunden werden. Dies solle dafür sorgen, dass es ein "freeze of design" gebe, also ein Schlussstrich unter einen Entwicklungsstand. "Das heißt, es gibt keine weiteren Veränderungen im laufenden Prozess mehr, so wie das in der Vergangenheit war", sagte der Minister.
Abgeordnet worden ist demnach auch, Spielräume bei der Beschaffung für das Militär auch zu nutzen, die aber bisher nicht ausgeschöpft worden seien. Pistorius: "Teilweise hat man von Ausnahmeregelungen keinen Gebrauch gemacht und teilweise sogar noch Regulierungen, die einengen, übererfüllt in guter Absicht, aber nicht zum Wohle einer beschleunigten Beschaffung." Der Minister sagte: "Bis vor anderthalb Jahren hatten wir viel Zeit und wenig Geld. Und heute haben wir das Sondervermögen und wenig Zeit."
Das Beschaffungswesen der Bundeswehr - also die Auswahl und der Kauf neuen Materials - gilt seit Jahren als schwerfällig und reformbedürftig. Die geplante Ertüchtigung der Bundeswehr infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine machte das Problem umso dringlicher.
Vor wenigen Wochen legte Pistorius das Beschaffungswesen in neue Hände und berief eine neue Präsidentin für das Bundeswehr-Beschaffungsamt in Koblenz. Die Mammutbehörde mit ihren mehr als 10.000 Beschäftigten ist für die Ausstattung der Bundeswehr mit leistungsfähiger und sicherer Wehrtechnik zuständig. Kritiker sehen in ihr den Inbegriff für Ineffizienz, Schwerfälligkeit und Bürokratie der Bundeswehr.
Quelle: ntv.de, jpe/AFP/dpa