Politik

Neuer Eklat in Diplomatie-Krise Polen blockiert Grundrechte-Charta der EU

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Polens Justizminister Zbigniew Ziobro, hier Anfang Oktober, hat "Veto" gegen eine Grundrechte-Erklärung der EU eingelegt.

(Foto: imago/ZUMA Press)

Um das Verhältnis zwischen Polen und der EU ist es schlecht bestellt. Grund dafür ist die Justizreform der polnischen Regierung. Nun sorgt Warschau bei einem Justizministertreffen für einen neuen Affront.

Bei Beratungen über die Umsetzung der europäischen Grundrechte-Charta ist es im Kreis der EU-Justizminister zum Eklat mit Polen gekommen. Das Land hat sich bei dem Treffen geweigert, die gemeinsame Erklärung mitzutragen.

Die polnische Regierung bestätigte, dass Justizminister Zbigniew Ziobro sein "Veto" gegen die Schlussfolgerungen eingelegt habe. Er habe in dem Text ausdrücklich Christen und Juden als Ziele von Diskriminierung nennen wollen und nicht nur allgemein religiöse Gruppen, hieß es in einer in Warschau veröffentlichten Erklärung. Ihre Rechte müssten genauso geschützt werden, wie die von "LGBT-Personen, Kindern, Einwanderern oder Frauen".

Teilnehmer berichteten aus der Sitzung, die Spannung im Raum sei deutlich spürbar gewesen. Einige Vertreter hätten es als Schande bezeichnet, dass sich die EU-Länder nicht auf eine gemeinsame Position beim Thema Grundrechte hätten einigen können. "Das ist ein präzedenzloser Vorgang", hieß es in Teilnehmerkreisen.

Österreich initiiert Behelfserklärung

Zur Debatte stand eine offizielle Erklärung - sogenannte Ratsschlussfolgerungen - zur Umsetzung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die jedes Jahr abgegeben wird. Neben allgemeinen Bekenntnissen zur EU als Wertegemeinschaft mit Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit enthält sie eine Art Bilanz zum Stand der Grundrechte in der EU.

Da Einstimmigkeit erforderlich war, kam der Beschluss nicht zustande. Stattdessen gab es eine gleichlautende Erklärung des Ratsvorsitzes Österreich, der sich alle anderen EU-Staaten bis auf Polen anschlossen. Der österreichische Verfassungsminister Josef Moser sagte, damit habe "der Rat sich mit Ausnahme im Wesentlichen der Stimme von Polen zu den Grundrechten bekannt".

Für Österreich sei entscheidend, dass bei Grundrechten und Rechtsstaatlichkeit keine Abstriche gemacht würden. Gerade die Rechtsstaatlichkeit sei "die Grundlage des gegenseitigen Vertrauens und ohne ein Rule of Law ist ein gegenseitiges Vertrauen nicht möglich". Man werde hier weiter mit Polen "Kontakt halten" und auch bei "anderen Dossiers versuchen, immer wieder die Polen auch als Partner zu haben".

Abermalige Isolation

Die nationalkonservative Regierung in Warschau hatte sich 2017 bei einem EU-Gipfel schon einmal in ähnlicher Weise isoliert: Damals versuchte das Land als einziges, die Bestätigung des aus Polen stammenden Ratspräsidenten Donald Tusk im Amt zu verhindern.

Polen steht seit knapp einem Jahr wegen möglicher Gefährdung von EU-Grundwerten am Pranger. Die EU-Kommission hat ein Rechtsstaatsverfahren eröffnet, weil sie die Justizreformen der nationalkonservativen Regierung als Risiko für die Gewaltenteilung sieht. Der Konflikt am Donnerstag hatte damit allerdings nicht direkt zu tun.

Quelle: ntv.de, cri/dpa/AFP

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