Politik

Justizreform für Corona-Hilfen Polen will EU mit Gesetzentwurf erweichen

Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sprach von einem "schwierigen Kompromiss".

Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sprach von einem "schwierigen Kompromiss".

(Foto: picture alliance / PAP)

In Polen kann die Disziplinarkammer jeden Richter entlassen - ein Verstoß gegen EU-Recht. Brüssel sperrt deshalb die Gelder für Warschau. Da hilft es auch nichts, dass die Kammer umbenannt wird. Mit einem neuen Vorstoß will Ministerpräsident Morawiecki die Kommission nun überzeugen.

Polens Parlament hat einem Gesetzentwurf zur Änderung der umstrittenen Justizreformen zugestimmt. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte für den Entwurf der nationalkonservativen Regierungspartei PiS. Der Schritt soll das Land näher an eine Freigabe von milliardenschweren Corona-Finanzhilfen bringen, die die EU-Kommission wegen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit eingefroren hat.

Nach der Verabschiedung durch den Sejm, der ersten Kammer des Parlaments, muss der Gesetzentwurf nun noch den Senat, die zweite Kammer, passieren. Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sprach von einem "schwierigen Kompromiss", bei dem es in erster Linie darum gehe, den Streit mit der EU zu beenden. "Wir wollen diesen Streit im Westen beenden, denn der wahre Feind, der wahre Gegner ist im Osten - und ich denke, dass sich alle Polen dessen bewusst sind", sagte er der polnischen Nachrichtenagentur PAP zufolge.

Die seit 2015 regierende PiS hatte das Justizwesen des Landes umgestaltet. Die EU-Kommission nahm besonders Anstoß an der 2018 eingeführten Disziplinarkammer am Obersten Gerichtshof, die jeden Richter oder Staatsanwalt entlassen konnte. Im Juli 2021 urteilte der Europäische Gerichtshof, dass Polen damit gegen europäisches Recht verstößt. Im Juli 2022 wurde die Disziplinarkammer schließlich aufgelöst.

Von der Leyen wartet ab

Stattdessen wurde eine "Kammer für berufliche Verantwortung" am Obersten Gericht eingerichtet. Diese Änderung erfüllte jedoch nicht alle Bedingungen der EU-Kommission. Der nun vom Parlament in Warschau verabschiedete Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass für Disziplinarangelegenheiten künftig statt des Obersten Gerichts das oberste Verwaltungsgericht zuständig sein soll. Die EU-Kommission hat sich bislang nicht klar zu der Frage geäußert, ob der neue Gesetzentwurf ihre Kriterien für eine Freigabe der Corona-Hilfsgelder entspricht.

In einer ersten Stellungnahme sprach sie von einem "wichtigen Schritt". Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte mit Blick auf das Gesetz: "Es muss die zweite Kammer passieren." Man werde die nächsten Schritte aufmerksam verfolgen und das Gesetz in seiner endgültigen Form analysieren, so ein Sprecher der Kommission. Der von Mateusz Morawiecki geführten PiS-Regierung ist sehr daran gelegen, die erste Tranche aus dem Corona-Hilfsfonds der EU möglichst bald zu erhalten. Im Herbst steht in Polen die nächste Parlamentswahl an. Die Regierung in Warschau benötigt die EU-Milliarden, damit bis dahin bereits positive Effekte der Hilfsgelder spürbar sind.

Quelle: ntv.de, lve/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen