Terrorfahndung in Spanien Polizei erschießt Barcelona-Attentäter
21.08.2017, 18:31 Uhr
Anti-Terroreinsatz nahe Barcelona: Schwer bewaffnete Einsatzkräfte sichern die Straßen ab.
(Foto: AP)
Bei einem Anti-Terroreinsatz in Spanien nähern sich Sicherheitskräfte einem jungen Mann, der eine Sprengstoffweste trägt und "Allahu akbar" ruft. Schüsse fallen, kurz darauf ist der Verdächtige tot. Es dauert Stunden, bis seine Identität geklärt ist.
Bei einem Anti-Terroreinsatz westlich von Barcelona hat die spanische Polizei den mutmaßlichen Attentäter von Barcelona entdeckt und niedergeschossen. Der dringend tatverdächtige 22-jährige Marokkaner Younes Abouyaaquoub sei getötet worden, bestätigten die spanischen Behörden.
Er soll bei dem Anschlag vom vergangenen Donnerstag den weißen Lieferwagen auf die Flaniermeile "Las Ramblas" gelenkt und dabei gezielt Passanten, darunter auch Kinder, überfahren haben. Zunächst hatten spanische Medien berichtet, Abouyaaquoub sei bei der Polizeiaktion zu Wochenbeginn nahe Barcelona lebend gefasst worden.
"Der bis vor Kurzem noch meistgesuchte Mann Europas" sei in der Ortschaft Sant Sadurní d'Anoia rund 30 Kilometer westlich von Barcelona entdeckt worden, hieß es am späten Nachmittag in einem Bericht der in der Region erscheinenden Zeitung "La Vanguardia" unter Berufung auf Ermittler. Die katalanischen Behörden hielten sich zunächst bedeckt und sprachen lediglich von einem "Vorfall" in der angrenzenden Gemeinde Subirats.
Mit Messern bewaffnet
In der ländlichen Region waren Sicherheitskräfte zu einem Großeinsatz ausgerückt. Ein Anwohner und ein Polizist auf Patrouille an einem Bahnhof hatten die Einsatzkräfte informiert, wie der katalanische Polizeichef Josep Lluis Trapero sagte.
Eine Polizeipatrouille habe den Terrorverdächtigen, nach dem europaweit gefahndet worden war, dann nahe der Ortschaft Subirats zwischen Weinbergen aufgespürt und habe seine Personalien kontrollieren wollen, sagte Trapero weiter. "Der Mann hat seine Jacke geöffnet und hatte etwas, das wie ein Sprengstoffgürtel aussah", sagte der Polizeichef. "Dann haben die Polizisten ihre Waffen gezogen und auf den Verdächtigen geschossen."
Terrorversteck im Weinberg?
Der Zugriff erfolgte an einer kurvenreichen Landstraße. Die Polizei riegelte die Gegend ab, um nach möglichen Komplizen Abouyaaquoubs zu suchen. Ein Helikopter kreiste über der Region. "Plötzlich haben wir viele Polizeiautos gesehen, 20 oder 25, alle mit heulenden Sirenen", berichtete eine Augenzeugin, die 500 Meter entfernt auf einem Weingut arbeitete. Ein Anwohner aus dem 300-Seelen-Dorf Subirats sagte, die Gegend sei ein ideales Versteck: "In den Hügeln gibt es viele Hütten von Saisonarbeitern."

Rückzugsort in Ripoll, Bombenwerkstatt in Alcanar: Der letzte der zwölf Terrorverdächtigen von Barcelona ging der Polizei bei Subirats ins Netz.
(Foto: n-tv.de / stepmap.de)
Als die Beamten den Terrorverdächtigen stellten, soll Abouyaaquoub "Allahu akbar" (etwa: Gott ist groß) gerufen haben, berichteten spanische Medien. Die Identifizierung des Getöteten gestaltete sich schwierig: Per ferngesteuertem Roboterfahrzeug untersuchten Spezialisten zunächst, ob es sich bei dem mutmaßlichen Sprengstoffgürtel um einen zündfähigen Sprengsatz oder nur um eine Attrappe handelte, teilte die Polizei mit. Erst nach Stunden gaben die Behörden bekannt, dass es sich bei dem Getöteten tatsächlich um Abouyaaquoub handelt.
"Wir bestätigen, dass die Person, die bei dem Vorfall in Subirats erschossen wurde, Younes Abouyaaquoub ist, der Verantwortliche des Terroranschlags von Barcelona", teilte die Polizei mit. Später stellte sich heraus, dass es sich bei dem Sprengstoffgürtel um eine Attrappe handelte. Abouyaaquoub sei mit Messern bewaffnet gewesen, heißt es.
Todesfahrt durch Barcelona
Offen ist derzeit noch, wie genau die Behörden Abouyaaquoub auf die Spur kamen. Nach den Terroranschlägen mit mindestens 15 Toten in Katalonien hatten die Sicherheitsbehörden der spanischen Region bei der Suche nach dem flüchtigen Attentäter Abouyaaquoub zu Wochenbeginn auch die Öffentlichkeit um Mithilfe gebeten. Die Regionalpolizei veröffentlichte dazu unter anderem auf Twitter Fahndungsbilder des 22-jährigen Marokkaners Abouyaaquoub.
Nach Erkenntnissen der Behörden war Abouyaaquoub der Mann, der am vorigen Donnerstag in der Innenstadt von Barcelona mit einem Lieferwagen gezielt Passanten überfuhr und dabei mindestens 13 Menschen tötete.
Mehr als hundert Menschen, darunter nach Angaben des Auswärtigen Amtes 13 Deutsche, wurden dabei verletzt. Rund 50 Verletzte wurden am Montag noch in Krankenhäusern behandelt. Neun von ihnen befanden sich nach Angaben des katalanischen Innenministeriums noch in "kritischem Zustand".
Islamistische Fanatiker
Auf der Flucht habe Abouyaaquoub später auf dem Unigelände in Barcelona auch einen 34-jährigen Spanier erstochen, um an den Wagen des Mannes zu gelangen, so die Behörden. Der Marokkaner gilt als Teil einer aus zwölf Mitgliedern bestehenden Terrorzelle, die nach Erkenntnissen der Behörden mehrere Anschläge in Katalonien geplant haben soll.
Bei einem weiteren Anschlag in dem Küstenort Cambrils unweit von Barcelona kam eine weitere Person ums Leben. Fünf mutmaßliche Terroristen wurden dort in der Nacht auf Freitag von der Polizei erschossen. Sie waren in einem Wagen geflüchtet und hatten dabei Passanten angefahren. Eine Frau wurde getötet. Auch eine Explosion in der Ortschaft Alcanar mit mindestens zwei Toten wird der Zelle zugeschrieben. In dem Haus sollen sie Anschläge vorbereitet haben. Die Polizei stellte 120 Gasflaschen sicher.
Die Attentäter von Barcelona und Cambrils sollen von dem extremistischen Imam Abdelbaki Es Satty radikalisiert worden sein, dessen Tod die Polizei in Barcelona am Abend bestätigte. Der Imam sei bereits vergangene Woche bei der Explosion in dem Haus in Alcanar südlich von Barcelona ums Leben gekommen. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Terrorzelle dort Bomben für Anschläge zusammenbasteln wollte.
Abouyaaquoub war vermutlich das letzte Mitglied der zwölfköpfigen Terrorzelle, das noch auf der Flucht war. Die anderen wurden entweder bei Polizeieinsätzen erschossen, starben bei der Explosion in Alcanar oder befinden sich in Haft.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa/rts