Politik

"Brutaler Einsatz" in Rumänien Polizei vertreibt Korruptionsgegner

Ein Demonstrant wirft Steine auf eine in Position stehende Polizeieinheit.

Ein Demonstrant wirft Steine auf eine in Position stehende Polizeieinheit.

(Foto: picture alliance/dpa)

Weil ihre Regierung Anti-Korruptionsgesetze lockern möchte, gehen zehntausende Rumänen in Bukarest auf die Straße - und werden von Polizisten zurückgedrängt. Oberster Kritiker des Einsatzes: Präsident Iohannis, der wiederum die Regierung bei Facebook attackiert.

Die rumänische Polizei hat mit Wasserwerfern und Tränengas eine Großkundgebung zehntausender Regierungskritiker aufgelöst. Die Demonstranten hatten sich in Bukarest versammelt, um gegen Korruption in Regierung und Verwaltung zu protestieren. Etwa 250 von ihnen hätten nach Einatmen von Tränengas medizinisch behandelt werden müssen, teilten Rettungskräfte mit. Ein Dutzend Polizisten sei durch Stein- und Flaschenwürfe verletzt worden. Rumäniens Präsident Klaus Iohannis warf der Polizei einen "brutalen Einsatz" vor.

Demonstranten vor dem Regierungsitz in Bukarest.

Demonstranten vor dem Regierungsitz in Bukarest.

(Foto: dpa)

Die Sicherheitskräfte hatten am Abend rund tausend Einsatzkräfte in Schutzausrüstung mobilisiert, um den Siegesplatz im Zentrum der Hauptstadt zu räumen. Präsident Iohannis, der mit der Regierung politisch über Kreuz liegt, kritisierte das Vorgehen der Sicherheitskräfte als "unverhältnismäßig". Er forderte den Innenminister zu einer Erklärung auf. "Jede Form der Gewalt ist unakzeptabel", schrieb Iohannis bei Facebook.

Nach Schätzungen rumänischer Medien versammelten sich 50.000 bis 80.000 Menschen auf dem Siegesplatz, um den Rücktritt der Regierung zu fordern. In Sprechchören riefen sie unter anderem "Diebe" und "Rücktritt". Viele der Teilnehmer waren Auslandsrumänen, die für die Kundgebung in ihre Heimat zurückgekehrt sind. Auch in den Großstädten Cluj, Sibiu und Timisoara gingen tausende Menschen aus Protest gegen die Regierung von Ministerpräsidentin Viorica Dancila auf die Straße.

Die regierenden Sozialdemokraten wollen die Gesetze zur Korruptionsbekämpfung lockern und das Justizsystem umbauen. Kritiker werfen der Regierung vor, dadurch die Tür für noch mehr Korruption in Rumänien zu öffnen, das ohnehin als eines der korruptesten EU-Länder gilt.

Iohannis als Gegenspieler der eigenen Regierung

Im Juli sprach sich eine Mehrheit im Parlament für die Lockerung der Korruptionsbekämpfung aus, trotz vieler Warnungen aus dem In- und Ausland. Zuvor war auf Druck der Regierung die angesehene Vorsitzende der unabhängigen Anti-Korruptions-Behörde entlassen worden. Treibende Kraft hinter den Gesetzesänderung ist der Parteichef der regierenden Partei, Liviu Dragnea. Infolge einer Verurteilung wegen Wahlbetrugs durfte Dragnea selbst nicht das Amt des Ministerpräsidenten antreten. Er gilt aber als das eigentliche Machtzentrum der Regierung.

Präsident Iohannis ist ein Gegenspieler der Regierung, er hat sich den Kampf gegen Korruption und für Rechtsstaatlichkeit auf die Fahnen geschrieben. Auch die EU mahnt Rumänien regelmäßig zu einem entschlosseneren Vorgehen gegen die Korruption.

Zu der Kundgebung hatten Rumänen aufgerufen, die als Arbeitsemigranten im Ausland leben. Aus vielen Ländern Europas kamen die Demonstranten angereist. "Nichts wird besser in Rumänien", sagte die Demonstrantin Ileana Anghel, die in Spanien arbeitet. "Wir würden gerne mehr Straßen sehen und moderne Schulen, anstatt immer Bestechungsgelder an die Linken und die Rechten zahlen zu müssen."Etwa vier Millionen Rumänen (bei einer Gesamtbevölkerung von 20 Millionen) arbeiten nach Behördenangaben im Ausland, davon die Hälfte in Italien und Spanien.

Quelle: ntv.de, lou/AFP

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