Hunderte Festnahmen in Belarus Polizei zerschlägt Demo gegen Lukaschenko
08.11.2020, 15:30 Uhr
Friedliche Demonstranten werden brutal zu Boden gedrückt.
(Foto: AP)
Wieder protestieren Tausende Menschen gegen den belarussischen Präsidenten Lukaschenko. Wieder geht die Polizei gewaltsam gegen friedliche Demonstranten vor. Die Oppositionspolitikerin Tichanowskaja gratuliert derweil Biden zum US-Wahlsieg - und hofft auf seine Unterstützung in Belarus.
In Hundertschaften sind in Belarus Uniformierte in Sturmhauben gegen neue Proteste gegen Machthaber Alexander Lukaschenko vorgegangen. Es gab Hunderte Festnahmen, wie das Menschenrechtszentrum Wesna auf seiner Internetseite spring96.org mitteilte. Am Abend war dort von mindestens 786 in der Hauptstadt Minsk und anderen Städten die Rede.
Auf Videos und Fotos war zu sehen, wie Uniformierte teils ohne Erkennungszeichen friedliche Menschen brutal auf den Boden drückten und in Gefangenentransporter zwängten. An mehreren Stellen der Stadt ging die Sonderpolizei OMON gegen Menschengruppen vor, die versuchten, sich im Stadtzentrum zu versammeln. Wie jeden Sonntag waren Tausende Menschen auf den Straßen unterwegs. Auch in anderen Städten gab es Demonstrationen für einen Rücktritt Lukaschenkos.
Militär fährt schwere Technik auf
Die Metrostationen in Minsk waren gesperrt, damit Demonstranten nicht ins Stadtzentrum gelangen konnten. Auch das mobile Internet war weitgehend abgeschaltet - so sollte die Verabredung zu Versammlungen in der Stadt erschwert werden. Truppen sperrten mehrere Straßen - teils mit schwerer Technik. Die Polizei fuhr Wasserwerfer auf.
Trotz des Demonstrationsverbots und der Gewaltandrohung der Behörden marschierten Menschenzüge auf mehreren Straßen der Stadt - mit den historischen weiß-rot-weißen Flaggen. Sie skandierten: "Lang lebe Belarus!" Die Behörden hatten auch eine Autokorso-Aktion der Unterstützer Lukaschenkos angekündigt.
"Die Macht gehört dem Volk!", teilte die Demokratiebewegung in Minsk mit. Die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja, die von der Bewegung als Siegerin der Präsidentenwahl vom 9. August angesehen wird, begrüßte, dass die Menschen ohne Furcht und mit Ausdauer gegen Lukaschenko um ihre Freiheit kämpften. "Schon seit 90 Tagen leisten wir Widerstand gegen Gesetzlosigkeit und Gewalt", sagte sie in ihrem Exil in der EU.
Biden habe "klar Position" bezogen
Die 38-Jährige hatte den gewählten US-Präsidenten Joe Biden am Samstag zum Wahlsieg gratuliert. Im Online-Dienst Telegram brachte sie ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass Biden "bald den fair gewählten Präsidenten eines neuen und freien Belarus" werde treffen können. Sie fügte hinzu, dass Biden bereits "mehrere Male klar Position für die Unterstützung des belarussischen Volks" bezogen habe. In der Vergangenheit hatte er angekündigt, er würde als Präsident die Sanktionen gegen Lukaschenkos Regierung ausdehnen.
In Belarus kommt es seit der umstrittenen Präsidentenwahl am 9. August immer wieder zu Protesten gegen Lukaschenko. Er hatte sich mit 80,1 Prozent der Stimmen nach 26 Jahren an der Macht erneut zum Sieger erklären lassen. Die Opposition sieht dagegen Tichanowskaja als wahre Gewinnerin an. Der Machtapparat geht immer wieder brutal gegen friedliche Demonstranten vor. Es gab bereits mehrere Tote, Hunderte Verletzte und Tausende Festnahmen.
Quelle: ntv.de, chf/dpa/AFP