Politik

Stimmen zum Ukraine-Gipfel Gute Stimmung, Skepsis gegenüber Dreiergipfel und Sicherheitsgarantien

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Trump zeigt Rutte, Macron, von der Leyen, Selenskyj und Meloni das Oval Office - aber kam darüber hinaus etwas Greifbares auf dem Gipfel heraus?

Trump zeigt Rutte, Macron, von der Leyen, Selenskyj und Meloni das Oval Office - aber kam darüber hinaus etwas Greifbares auf dem Gipfel heraus?

(Foto: picture alliance / SvenSimon-ThePresidentialOfficeU)

Der Ukraine-Gipfel in Washington hat zunächst keine konkreten Ergebnisse geliefert. Eine Bewertung des dort Besprochenen oder gar Verabredeten fällt entsprechend schwer. Zu vieles bleibt unklar. Internationale Reaktionen auf das von US-Präsident Donald Trump veranstaltete Treffen fallen daher sehr disparat aus.

Der australische "Sydney Morning Herald" kommentiert unter Verweis auf den ersten Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Februar:

"Der ukrainische Präsident ist an den Tatort zurückgekehrt - nach jenem desaströsen Treffen im Februar -, und obwohl sich sein Verhältnis zu seinem US-Amtskollegen seitdem deutlich verbessert hat, gab es keine Garantie dafür, dass er einer weiteren Standpauke entkommen würde. Diesmal war er vorbereitet. Er begann damit, Trump zu schmeicheln - er dankte ihm für seine Bemühungen, den Krieg zu beenden, und seiner Frau Melania für den Brief, den sie an (den russischen Präsidenten Wladimir) Putin über die Notlage der vom Konflikt betroffenen Kinder geschrieben hatte. Selenskyj übergab zudem einen Brief seiner eigenen Frau, adressiert an die First Lady."

Einen Fokus auf die Frage nach Sicherheitsgarantien für die Ukraine legt dagegen die "Washington Post":

"Glaubwürdigkeit ist der schwierigste Teil. Es ist schwer vorstellbar, dass Trump zustimmen würde, amerikanische Soldaten zu entsenden. Werden die Ukrainer glauben, dass europäische Friedenstruppen in der Ukraine eine Versicherung für ein mögliches amerikanisches Eingreifen sind? Wichtiger noch: Wird (Russlands Präsident Wladimir) Putin das glauben? Und wie lange wird es dauern, bis die Europäer eine Truppe aufstellen können, die Russland ohne amerikanische Rückendeckung abschrecken kann? (...)

Ein Abkommen ist möglich. Wenn sich Europäer und Amerikaner dazu verpflichten, Russland in der Ukraine so lange wie möglich - wahrscheinlich so lange Putin an der Macht ist - in Schach zu halten, wäre dies tatsächlich eine willkommene Veränderung. Doch wenn Trump oder irgendein selbstgefälliger westeuropäischer Staatschef beginnt, von einer vorzeitigen Normalisierung der Beziehungen mit Moskau zu träumen, könnte innerhalb weniger Jahre ein Krieg über ein unvorbereitetes Europa hereinbrechen. (...) Die Frage ist, ob Präsident (Trump) versteht, dass der Abschluss eines Abkommens erst der Anfang ist."

Die britische "Times" hingegen fragt, ob eine Beistandsklausel, vergleichbar zum Artikel 5 der Nato, eine Lösung für die Sicherheit der Ukraine sein kann:

"Nun werden erneut Sicherheitsgarantien für die Ukraine in Betracht gezogen, möglicherweise sogar mit Unterstützung der USA. Doch könnte eine an Artikel 5 des Nato-Vertrags angelehnte Verteidigungsarchitektur, wie sie nun erwogen wird, Kiew wirklich zu Hilfe kommen? Das ist eher unwahrscheinlich: Kollektive Verteidigung erfordert einen Pakt mit einem gemeinsamen Willen und eine übereinstimmende Einschätzung einer Bedrohung. Derweil scheint Putin eine multidimensionale Offensive gegen den Westen zu unternehmen, samt Sabotageaktionen gegen Unterseekabel, Cyberangriffen und Söldnern. (...)"

Der von US-Präsident Trump ins Spiel gebrachte Dreiergipfel von ihm, Selenskyj und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ist der staatlichen russischen Nachrichtenagentur "Ria Nowosti" einen Kommentar wert.

"Wird ein Dreiergipfel zu einem Ende der Kampfhandlungen führen? Nein, denn selbst in diesem Fall ist nichts sicher - alle vorläufigen Vereinbarungen zwischen Putin und Trump können im letzten Moment über den Haufen geworfen werden, auch vom dritten Beteiligten des Treffens. Und selbst bei einem erfolgreichen Gipfel ist ein zuverlässiger Frieden nicht garantiert - dann muss nicht nur eine Waffenruhe eingehalten werden (die in einem nächsten Schritt verkündet werden wird), sondern es muss auch Territorium an Russland übergeben werden.

Und es müssen Sicherheitsgarantien formuliert werden, die uns passen. Nicht nur für die Ukraine, sondern auch für Russland in seinen Beziehungen zum Westen. Auf alle Fälle aber wird der Versuch Putins und Trumps, eine friedliche Lösung zu finden, in die Geschichte eingehen."

Die Schweizer "Neue Zürcher Zeitung" konstatiert, dass nach dem Gipfel weiterhin viele Fragen offen seien, in der Gesamtschau jedoch großes, positives Erstaunen zurückbleibe:

"Bei allem Vagen und Unklaren lässt sich doch sagen, dass Trump im Falle der Ukraine eine lange komplett eingeschlafene Diplomatie geweckt hat. Nach den Gesprächen mit den Europäern hat Trump mit Putin telefoniert. Angeblich sei dieser bereit zu einem Gespräch mit Selenskyj - darauf soll es laut Trump zu einem Dreiergipfel mit ihm kommen.

Ob am Ende alles in sich zusammenfällt, der Krieg fortdauert, und nicht mehr als ein Trumpsches Friedens-Spektakel von Istanbul über Anchorage und Washington bleibt, wird sich zeigen. Für den Moment scheinen die Beteiligten erstaunt genug, dass so etwas wie Diplomatie überhaupt in Gang gekommen ist und das unter maximal chaotischen Bedingungen. Alle sind erstaunt, außer Trump natürlich, der es immer wusste."

Quelle: ntv.de, als/dpa

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