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Straße in Bachmut vermint Prigoschin wirft russischer Armee Hinterhalt vor

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"Im Verteidigungsministerium herrscht Chaos": Prigoschin führt eine Privatfehde gegen Verteidigungsminister Schoigu.

"Im Verteidigungsministerium herrscht Chaos": Prigoschin führt eine Privatfehde gegen Verteidigungsminister Schoigu.

(Foto: IMAGO/ITAR-TASS)

Die Vorwürfe des Wagner-Chefs Prigoschin gegen die russische Armee werden immer schriller. Als seine Leute aus Bachmut abziehen wollten, hätten Soldaten die Straße vermint, schreibt Prigoschin. Verteidigungsminister Schoigu schweigt.

Der Chef der russischen Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat erneut schwere Vorwürfe gegen die reguläre russische Armee erhoben. Soldaten hätten Mitte Mai eine Straße vermint, auf der seine Kämpfer aus der mittlerweile eroberten ostukrainischen Stadt Bachmut hätten herausfahren wollen, teilte Prigoschin auf Telegram mit.

Er veröffentlichte auch ein Dokument, das ein Einsatzprotokoll von Mitte Mai darstellen soll und in dem zudem von Schusswechseln zwischen Wagner-Söldnern und Soldaten die Rede ist. Prigoschin postete außerdem ein Verhörvideo, nachdem seine Männer den Kommandeur der 72. Brigade, Roman Venevitin, offenbar festgenommen und geschlagen hatten. Der Offizier bezichtigte sich in der Videosequenz selbst, auf die Wagner-Einheiten geschossen zu haben. Überprüft werden konnten diese Anschuldigungen nicht. Das Verteidigungsministerium in Moskau äußerte sich nicht.

Prigoschin hatte ähnliche Vorwürfe bereits vor wenigen Tagen erhoben. Das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) wertet sie als möglichen Versuch des 62-Jährigen, durch den Streit mit dem Verteidigungsministerium von kürzlich aufgekommenen Spannungen zwischen seiner Truppe und Kämpfern von Tschetscheniens Machthaber Ramsan Kadyrow abzulenken.

Kadyrow droht Wagner-Chef

Mehr als 15 Monate nach dem Einmarsch in die Ukraine toben in Russlands Militärführung Machtkämpfe, die deutlich zutage treten. Immer wieder wetterte Prigoschin zuletzt gegen Verteidigungsminister Sergej Schoigu, dem er schlechte Kriegsführung und eine mangelhafte Versorgung der Wagner-Kämpfer mit Munition vorwarf. Angesichts der seit Tagen unter Artilleriefeuer stehenden Grenzregion Belgorod drohte er sogar mit dem Einmarsch seiner Söldner, sollte das Verteidigungsministerium dort nicht "schleunigst" Ordnung schaffen. "In dem Ministerium herrscht Chaos", sagte Prigoschin am Samstag. "Es läuft dort schon eine Eroberung des Gebiets", sagte Prigoschin zum Kampfgeschehen in Belgorod. "Es sterben friedliche Menschen." Die Bevölkerung brauche Schutz. "Wir werden nicht auf eine Einladung warten." Allerdings müsse das russische Militär Munition bereitstellen. "Sonst sitzen wir, wie es heißt, mit dem nackten Arsch auf dem Frost."

Niemand in Russland wagt solch harsche Worte wie Prigoschin, der sich zunehmend als Kremlkritiker inszeniert. Oppositionelle, die sich ähnlich äußern, sitzen entweder im Straflager, leben im ausländischen Exil - oder sind tot. Der Unterschied zu anderen Russen, die sich bei Kritik an der "militärischen Spezialoperation" - wie der Krieg in Russland heißt - im Straflager wiederfinden: Der 62-Jährige ist ein Vertrauter von Präsident Wladimir Putin. Den Kremlchef selbst stellt er - anders als echte Kremlgegner - nie in Frage. Wohl deshalb darf er als "Ventil" fungieren.

Vergangene Woche hieß es aus Kadyrows Armee-Einheit Achmat, Prigoschin beschmutze das Ansehen der Armee. Darauf stehen in Russland hohe Strafen. Weiter hieß es, der Chef der Söldnertruppe Wagner solle die "Fresse" halten. Achmat-Kämpfer drohten ihm auch Gewalt an. Doch nach einem Telefonat mit Kadyrow erklärte Prigoschin den Zwist am Samstag für beigelegt. Den Mund verbieten lasse er sich aber nicht. Ihm gehe es darum, dass die Armee mit Würde und Stolz ihre Aufgaben erfülle - und nicht in einem System von "Speichelleckerei, Kriecherei und Verantwortungslosigkeit" verkomme. Mit Kadyrow sei er sich einig darin, dass Russland für einen Sieg gegen die Ukraine eine Generalmobilmachung brauche und Kriegsrecht. Der Kreml lehnt das bisher ab.

Quelle: ntv.de, mau/dpa

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