Streit um Gesichtserkennung Prozess gegen G20-Gegner startet mit Applaus
18.12.2018, 16:25 Uhr
220 Vermummte waren im Juli 2017 über die Elbchausee gezogen und hatten mit Zerstörungen einen Schaden von einer Million Euro verursacht.
(Foto: dpa)
Mutmaßlicher Landfriedensbruch, Mittäterschaft bei Brandstiftung, gefährliche Körperverletzung: In Hamburg stehen die ersten G20-Gegner vor Gericht. Dort wird den jungen Männern zugejubelt. Ihre Verteidigung hält die Anklage für verfassungswidrig.
Fast anderthalb Jahre nach dem G20-Gipfel in Hamburg hat der erste Prozess um die Brandstiftungen und Zerstörungen an der Elbchaussee begonnen. Angeklagt sind vier junge Männer aus Hessen im Alter zwischen 18 und 24 Jahren und ein 23-jähriger Franzose. Ihnen wird Landfriedensbruch in einem besonders schweren Fall vorgeworfen. Weitere Anklagepunkte sind Mittäterschaft bei Brandstiftung, gefährliche Körperverletzung und Verstoß gegen das Waffengesetz.
Laut Anklage waren am Morgen des 7. Juli 2017 rund 220 schwarz vermummte Personen über die abseits von den Konferenzorten gelegene Elbchaussee gezogen und hatten durch das Anzünden von Autos, Einschlagen von Scheiben und andere Zerstörungen einen Schaden von mindestens einer Million Euro angerichtet. Acht Menschen erlitten Schocks oder wurden verletzt. Ein Busfahrer wurde so schwer psychisch beeinträchtigt, dass er sich laut Anklage über mehrere Monate stationär behandeln lassen musste.
Die Verteidiger argumentierten, die Polizei hätte einschreiten müssen, um ihren friedlichen Mandanten und anderen Teilnehmern des Aufzugs das Demonstrationsrecht zu sichern. "Der wesentliche Punkt ist: Das Ganze war eine Demonstration", sagte Rechtsanwältin Gabriele Heinecke. Die Nicht-Anwendung des Demonstrationsrechts mache die gesamte Anklage verfassungswidrig. Die rund 80 Zuschauer im Saal begrüßten und verabschiedeten die Angeklagten mit tosendem Applaus und Jubel.
Datenschutzbeauftragter ordnet Löschung von Datenbank an
Derweil geht der Streit um den Einsatz einer Gesichtserkennungssoftware bei den Ermittlungen zu den Ausschreitungen in eine neue Runde. Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar ordnete die Löschung der biometrischen Referenzdatenbank an, in der sogenannte Gesichtsabdrücke Tausender Bürger digital erfasst sind. Schon im August hatte er in einer sogenannten datenschutzrechtlichen Beanstandung moniert, dass dafür die Rechtsgrundlage fehle.
Innensenator Andy Grote von der SPD hatte die Beanstandung zurückgewiesen. Da die Software nach wie vor eingesetzt werde, sei nunmehr der Erlass einer rechtsverbindlichen Anordnung erforderlich, teilte Caspar mit.
Der Streit dürfte nun vor dem Verwaltungsgericht landen. Zunächst müsse die Anordnung geprüft werden, sagte ein Sprecher der Innenbehörde. "Sollten sich darin aber keine Argumente finden, die in den bisherigen Rechtsgutachten noch nicht berücksichtigt wurden, werden wir Rechtsmittel einlegen."
Quelle: ntv.de, ftü/dpa