Beruf soll attraktiver werden Psychotherapeuten erhalten Studiengang
27.02.2019, 16:49 Uhr
Therapieplätze sind in Deutschland schwer zu kriegen. Ein Reform-Gesetz soll Abhilfe schaffen und die Ausbildung für Psychotherapeuten verbessern.
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Wer eine Psychotherapie braucht, muss in Deutschland lange warten. Ein neues Gesetz will das ändern und dafür den Berufseinstieg reformieren. Unter anderem soll dem Nachwuchs die Weiterbildung in Kliniken bezahlt werden. Ein eigener Studiengang soll 2020 starten.
Die Ausbildung von Psychotherapeuten in Deutschland soll künftig über ein eigenständiges Studium laufen und dann für Berufseinsteiger auch finanziell lohnender werden. Darauf zielt ein Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Jens Spahn, den das Bundeskabinett auf den Weg gebracht hat. Die neuen, auf fünf Jahre angelegten Studiengänge sollen zum Wintersemester 2020 starten. Vorgesehen ist ebenfalls, dass in der anschließenden Weiterbildung in Kliniken oder ambulanten Einrichtungen auch ein Gehalt bezahlt werden soll, worauf bisher kein Anspruch besteht. Bisher müssen Psychotherapeuten zunächst Psychologie oder Pädagogik studieren, dann folgt eine praktische Ausbildung – die meist schlecht oder gar nicht bezahlt wird.
Spahn sagte, mit der neuen Ausbildung werde der Beruf attraktiver. "Das ist gut für Therapeuten und Patienten." Die Bundespsychotherapeutenkammer sprach von einer wegweisenden Reform. Die bisherige Praxis, die den Nachwuchs in eine prekäre Lebenslage zwinge, werde beendet, sagte Präsident Dietrich Munz. Das Gesetz soll voraussichtlich bis zur Sommerpause im Bundestag beschlossen werden. Es ist auch im Bundesrat zustimmungspflichtig.
Die neue Universitätsausbildung soll aus einem dreijährigen Bachelor- und einem zweijährigen Masterstudium bestehen. Nach der bestandenen Prüfung bekommen Absolventen eine Behandlungserlaubnis, die Approbation. Daran schließt sich eine Weiterbildung an, nach der sich Psychotherapeuten dann auch ins Arztregister eintragen lassen können. Das Ministerium rechnet weiterhin mit rund 2500 Abschlüssen im Jahr.
Spahn: Sorge um Gutachtersystem unbegründet
Teil von Spahns Plänen ist nun auch ein neuer Anlauf, Patienten einen leichteren Zugang zu Psychotherapeuten zu verschaffen - darum hatte es zuletzt Streit in der Großen Koalition gegeben. Nun soll der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken bis Mitte 2020 Regeln zur besseren Zusammenarbeit zwischen Therapeuten und Ärzten erarbeiten.
Zuvor waren solche Regeln in einem anderen Gesetz vorgesehen. Es gab aber Bedenken aus der Branche, dass damit neue Hürden geschaffen würden. Spahn betonte, er wolle eine bessere Versorgung für Menschen mit psychischen Erkrankungen, die "im System nicht von Pontius zu Pilatus laufen" sollten. Sie sollten jemanden als ersten Ansprechpartner haben - einen Arzt, einen Psychotherapeuten oder andere. In der "Neuen Osnabrücker Zeitung" erläuterte der Minister, Therapeuten hätten die Sorge, es solle ein Gutachtersystem aufgebaut werden, bei dem wieder Ärzte über die Notwendigkeit von Psychotherapie entscheiden sollten. Diese Sorge sei völlig unbegründet. Spahn fügte jedoch hinzu: Bei Psychotherapeuten, die nicht Ärzte seien, solle es bei einer körperlichen Abklärung durch einen Arzt bleiben.
Vom Koalitionspartner SPD kam Widerspruch, dass die Politik ihre Hausaufgaben auf die Akteure des Gesundheitswesens abwälze. "Die Versorgung schwer psychisch Kranker zu verbessern, ist eine politische Aufgabe", sagte SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach der "NOZ". "Die dürfen wir nicht an die Selbstverwaltung abschieben, weil wir uns nicht einigen können." Bundesfamilienministerin Franziska Giffey erläuterte, Teil der regulären Grundausbildung werde endlich auch der Umgang mit Folgen sexualisierter Gewalt im Kindes- und Jugendalter. Psychotherapeuten könnten dies dann schneller und zuverlässiger erkennen und behandeln, sagte die sozialdemokratische Ministerin.
Quelle: ntv.de, mau/dpa