Politik

Reaktionen auf Fall Nawalny Putin gegen den Rest der Welt

Kein Anlass für eine Erklärung Putins, heißt es aus dem Kreml.

Kein Anlass für eine Erklärung Putins, heißt es aus dem Kreml.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Fall Nawalny isoliert Russlands Präsidenten Putin. Viele Länder stellen sich an die Seite von Bundeskanzlerin Merkel und fordern ungewöhnlich deutlich Konsequenzen. Der russische Geheimdienst, der als Drahtzieher vermutet wird, tritt die Flucht nach vorn an: Der Westen soll den Putin-Kritiker vergiftet haben.

Nach dem versuchten Giftmord an Kreml-Kritiker Alexej Nawalny fordern viele Staaten Aufklärung aber auch Strafmaßnahmen gegen Russland. Die Bundesregierung hatte nach Untersuchungen eines Spezial-Labors der Bundeswehr mitgeteilt, dass sie es als zweifelsfrei erwiesen ansieht, dass Nawalny mit dem militärischen Nervengift Nowitschok vergiftet wurde. Moskau weist die Anschuldigungen zurück. Der russische Geheimdienst geht noch einen Schritt weiter und bezichtigt den Westen. Die internationalen Reaktionen im Überblick:

Russland

Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte laut Nachrichtenagentur Tass: "Es gibt keinen Grund, dem russischen Staat etwas vorzuwerfen." Er sehe deswegen auch keinen Anlass für irgendwelche Sanktionen, die gegen Russland oder gegen die Ostsee-Pipline Nord Stream 2 verhängt werden könnten. Peskow sagte weiter, dass der Fall niemandem Vorteile bringe. Es gebe keinen Anlass für eine Erklärung des Staatschefs, zudem seien auch keine Gespräche mit Bundeskanzlerin Angela Merkel dazu geplant.

Der russische Geheimdienst spekulierte derweil über eine Verwicklung des Auslands in den Giftanschlag auf den Kreml-Kritiker Nawalny. Die Regierung in Moskau könne nicht ausschließen, dass Spezialkräfte des Westens hinter der Vergiftung des 44-Jährigen stecken würden, zitierte die russische Nachrichtenagentur RIA den Chef des Auslandsgeheimdienstes Sergej Naryschkin. Dieser erklärte demnach, russische Ärzte hätten keine Spuren des Gifts gefunden, nachdem Nawalny in ein russisches Krankenhaus eingeliefert worden sei.

USA

Die US-Regierung zeigte sich "zutiefst beunruhigt" angesichts der Vergiftung Nawalnys. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus, John Ullyot, teilte auf Twitter mit: "Alexej Nawalnys Vergiftung ist vollkommen verwerflich." Die USA würden mit Verbündeten und der internationalen Gemeinschaft zusammenarbeiten, um die Verantwortlichen in Russland zur Rechenschaft zu ziehen - "wohin auch immer die Beweise führen".

Ukraine

Für das Außenministerium in Kiew ist der Fall Nawalny eine "unmenschliche Abrechnung des Kremls mit einem Oppositionspolitiker", die eine Reaktion der internationalen Gemeinschaft erfordere. Es müsse "eine einmütige entschlossene Position und eine harte Verurteilung durch die zivilisierte Welt" geben. Nur so könne die Regierung Russlands dazu gezwungen werden, das Verüben von Verbrechen einzustellen, die brutal die Menschenrechte verletzen und die rechtlichen Grundlagen der Weltordnung zerstören.

Großbritannien

Der britische Premierminister Boris Johnson schrieb mit Verweis auf den Fall Skripal im Jahr 2018: "Es ist empörend, dass eine chemische Waffe gegen Alexej Nawalny eingesetzt wurde. Wir haben die tödlichen Folgen von Nowitschok im Vereinigten Königreich aus erster Hand miterlebt. Die russische Regierung muss nun erklären, was mit Herrn Nawalny geschehen ist - wir werden mit internationalen Partnern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird."

Italien

Das italienische Außenministerium sprach von "Empörung" in Rom. "Dies ist ein Verbrechen, das wir auf das Schärfste verurteilen, und damit wird es umso dringlicher, dass Russland die Verantwortung für das Geschehene schnell und transparent aufklärt."

Litauen

Litauens Staatspräsident Gintanas Nauseda twitterte, es sei "entsetzlich zu erfahren, dass Russlands politischer Oppositionsführer Nawalny mit Nowitschok vergiftet wurde. Man kann ein Nervengift der Nowitschok-Gruppe nicht in einem Einkaufszentrum kaufen. Ich fordere eine gründliche und objektive Untersuchung dieses Falls. Schuldige müssen vor Gericht gestellt werden."

Lettland

Der lettische Außenminister Edgars Rinkevics nannte die Nachricht von der Vergiftung Nawalnys mit Nowitschok "empörend": "Die russischen Behörden tragen die volle Verantwortung dafür; unabhängige internationale Ermittlungen müssen durchgeführt werden, und die Täter des Verbrechens müssen zur Rechenschaft gezogen werden."

Estland

Estlands Außenminister Urmas Reinsalu schrieb auf Twitter: "Der Angriff gegen Russlands Oppositionsführer Nawalny mit einer Substanz der Nowitschok-Gruppe ist äußerst gefährlich und zynisch. Es deutet auf eine Beteiligung der höchsten Ebene und Straflosigkeit in Russland hin. Eine internationale Untersuchung ist erforderlich, die Verantwortlichen müssen sich dafür verantworten!"

Tschechien

Der tschechische Außenminister Tomas Petricek forderte auf Twitter die Aufklärung der Umstände der Vergiftung Nawalnys. Man sei im Kontakt mit den deutschen Partnern. "Deutschland hat unsere volle Unterstützung."

Bulgarien

In einer Erklärung des bulgarischen Außenministeriums heißt es: "Wir sind stark beunruhigt von dieser Nachricht. Wir verurteilen entschieden diesen verbrecherischen Akt und rufen die russischen (Staats-)Gewalten auf, volle Mitarbeit bei der Ermittlung zu leisten, die die Ausführer und Auftraggeber vor Gericht stellen sollte."

Norwegen

Die norwegische Außenministerin Ine Eriksen Søreide verurteilte den Angriff und erklärte dem Sender NTB: "Die russischen Behörden haben jetzt die große Verantwortung, eine glaubwürdige und gründliche Untersuchung des Nervengiftangriffs durchzuführen."

Belarus

Einzig der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko stellt sich auf Putins Seite - und hat angeblich Beweise dafür, dass der Giftanschlag auf Nawalny vom Westen vorgetäuscht worden sei. Seine Geheimdienste hätten ein Telefonat zwischen Berlin und Warschau abgefangen, aus dem dies eindeutig hervorgehe, sagte Lukaschenko bei einem vom Fernsehen übertragenen Treffen mit dem russischen Ministerpräsidenten Michail Mischustin in Minsk. Damit solle Moskau von einem Eingreifen in Belarus abgehalten werden. "Es gab keine Vergiftung von Nawalny", sagte Lukaschenko. "Sie taten es - ich zitiere - um (den russischen Präsidenten Wladimir) Putin davon abzuhalten, seine Nase in die Angelegenheiten von Belarus zu stecken." Weitere Einzelheiten nannte er nicht, kündigte aber an, eine Abschrift des abgehörten Telefonats den russischen Geheimdiensten zur Verfügung zu stellen.

Quelle: ntv.de, mau/dpa/rts/AFP

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