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Kreml schwört Bevölkerung ein Putin verstört mit neuen Aussagen - und offenbart Interessantes

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Sieht alle rund 145 Millionen Einwohner Russlands im Krieg: Wladimir Putin.

Sieht alle rund 145 Millionen Einwohner Russlands im Krieg: Wladimir Putin.

(Foto: IMAGO/SNA)

Wladimir Putin spannt mittlerweile die gesamte russische Bevölkerung in den Krieg mit ein. Eine starke Kehrtwende, denn anfangs sollte diese noch möglichst wenig vom Angriff mitbekommen. Mittlerweile redet der russische Präsident immer mehr den ganz großen Konflikt herbei.

Wladimir Putin hat bei einer Sitzung des russischen Rates für strategische Entwicklung die Bevölkerung auf bemerkenswert intensive Art und Weise auf seinen Krieg eingeschworen. Konkret sagte der russische Präsident, dessen Regime den Angriff auf die Ukraine lange heruntergespielt hat und lediglich von einer "Spezialoperation" sprach, alle Russen müssten verstehen, "dass sie einen einzigartigen historischen Moment erleben". Zudem sagte Putin, die Russen müssten "so arbeiten, als stünden sie an der Front" und sich "mobilisiert fühlen".

Die US-Denkfabrik Institut für Kriegsstudien (ISW) glaubt, dass der Kreml-Führer Bezüge zum Zweiten Weltkrieg herstellen will. Er beabsichtige "wahrscheinlich, Erinnerungen an die sowjetischen Opfer und die umfassende soziale und wirtschaftliche Mobilisierung zu wecken". Kremlbeamte würden sich häufig auf den Mythos des Großen Vaterländischen Krieges, also den Kampf gegen Nazi-Deutschland, berufen, um Unterstützung und Vertrauen in Russlands Kriegsanstrengungen zu wecken, schreibt das ISW.

Dabei handelt es sich um eine klare Verdrehung. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Sowjetunion von Nazi-Deutschland angegriffen - nachdem man vorher noch zusammengearbeitet hatte, um Polen zu attackieren und aufzuteilen. Im Ukraine-Krieg jedoch hat kein Angriff auf Russland stattgefunden, sondern die Aggression geht von Moskau aus - immer wieder begleitet von der Lüge, in Kiew würde ein Nazi-Regime agieren.

Moskau mobilisiert weiter die Wirtschaft

Der Politikwissenschaftler Thomas Jäger zieht aus den Aussagen des russischen Präsidenten noch weitere Erkenntnisse. "Wenn Putin sagt, dass alle Russen arbeiten müssten, als seien sie an der Front, die Mobilmachung für das ganze Land nötig sei, um die Ziele zu erreichen, dann charakterisiert dies das faschistische System in Russland ebenso wie es dokumentiert, dass der Krieg nicht wie geplant verläuft", heißt es in einem Beitrag auf der Plattform X.

Zu Beginn des Krieges habe Putin Gleichgültigkeit von der russischen Gesellschaft erwartet, so der Politikwissenschaftler. Sie sollte "von Kämpfen nichts mitbekommen. Das scheiterte. Ein faschistisches Russland stellt eine andere Herausforderung dar als ein autoritärer Staat. Dieses Russland braucht Gewalt nach innen & nach außen".

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Auch können die Aussagen Putins als Einschwur der Bevölkerung auf einen langwierigen Krieg verstanden werden, in dem der jetzt schon boomenden russischen Rüstungsindustrie die höchste Bedeutung zukommen soll. Darauf hatte auch die Einsetzung des neuen Verteidigungsministers Andrej Beloussow, dem Ex-Minister für wirtschaftliche Entwicklung, hingedeutet. Laut ISW bereitet sich Russland möglicherweise auch auf eine künftige Konfrontation mit der NATO vor.

"Putin wird wahrscheinlich verschiedene informatorische und rhetorische Bemühungen fortsetzen, um die russische Gesellschaft auf eine stärkere wirtschaftliche Mobilisierung vorzubereiten, wenn er beabsichtigt, mittel- bis langfristig eine solche unpopuläre Politik der weiteren wirtschaftlichen und sozialen Mobilisierung zu verfolgen", schreibt die US-Denkfabrik.

Quelle: ntv.de

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