"Überbeschaffte Bestände"Rechnungshof bemängelt Aufarbeitung von Maskenkäufen

In der Corona-Kommission des Bundestags kommen die ungewöhnlichen Methoden bei Maskenbeschaffungen in der Pandemie zur Sprache. Amtliche Finanzprüfer sehen noch zu wenig Aufklärung und Konsequenzen.
Der Bundesrechnungshof moniert eine weiterhin ungenügende Aufarbeitung der umstrittenen massenhaften Maskenkäufe in der Corona-Krise. Das Bundesgesundheitsministerium erkenne Kritik an einer "Überbeschaffung" bis heute nicht an und lasse eine kritische Auseinandersetzung mit seiner Beschaffungstätigkeit vermissen, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme für die Enquete-Kommission des Bundestags zur Pandemie. "Dies hat die Schaffung klarer Regeln und Strukturen für künftige Krisen nicht befördert."
Der Rechnungshof mahnt: "Die Versorgungssicherheit mit Schutzausrüstung im Gesundheitswesen ist nach wie vor nicht gewährleistet." Das Ministerium habe die "überbeschafften Bestände" an Schutzmasken zum Kern einer noch zu schaffenden nationalen Reserve erklärt. "Eine rechtliche Grundlage und ein konzeptioneller Rahmen hierfür existieren jedoch bis heute nicht."
Die Enquete-Kommission befasst sich an diesem Montag mit den umstrittenen Methoden zum Kauf damals knapper Schutzausrüstung. Zu einer öffentlichen Anhörung wird der ehemalige CDU-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erwartet. Befragt werden kann auch die im vergangenen Jahr vom Ministerium eingesetzte Sonderermittlerin Margaretha Sudhof. Der Bundesrechnungshof ist ebenfalls mit einem Vertreter als Sachverständiger zu der Anhörung geladen.
Beschaffungspraxis völlig abgehoben
Die Bonner Behörde hatte wiederholt eine "massive Überbeschaffung" und auch unzureichende Dokumentationen beanstandet. Das Ministerium habe 5,8 Milliarden Schutzmasken für 5,9 Milliarden Euro beschafft. Es sei eine anfangs drohende Versorgungskrise in der Akutmedizin erfolgreich abgewehrt worden. Mehr als 3,4 Milliarden Masken seien aber vernichtet worden, oder dies stehe an. Spätestens im April 2020 habe sich die Beschaffungspraxis "völlig von dem Beschaffungsziel entfernt", heißt es in der Stellungnahme für die Anhörung.
"Bis heute wurden nur 1,7 Milliarden Masken im Inland verteilt", erläutert der Rechnungshof. Die Folgekosten für die "Verwaltung der Überbeschaffung" beliefen sich demnach bis Ende 2024 auf 517 Millionen Euro. Das Ministerium habe im Zusammenhang mit der Abwicklung der Beschaffung von Schutzausrüstung noch im Jahr 2024 keine fortlaufenden Akten geführt.
Spahn steht unter Druck, weil sein Ministerium sich 2020 eingeschaltet hatte und Lieferverträge ohne Verhandlungen zu festen hohen Preisen einging. Wegen nicht abgenommener Masken klagten Lieferanten. Sudhof stellte in einem Bericht fest, dass Spahn gegen den Rat seiner Fachabteilungen handelte. Der CDU-Politiker hat sein Vorgehen in der akuten Krisenlage verteidigt.
Der Rechnungshof erläutert, "die teuersten Masken und die größten Mengen" hätten aus vielen Einzelverträgen resultiert, die das Ministerium bis in den Mai 2020 geschlossen habe. Aktuell seien weiterhin noch rund 100 Klagen gegen den Bund mit einem Gesamtstreitwert von 2,3 Milliarden Euro anhängig.