Maßnahme gegen Corona-Krise Regierung in Wien analysiert Handydaten
17.03.2020, 17:02 Uhr
Kanzler Kurz telefoniert mit einem Smartphone.
(Foto: picture alliance/dpa)
China tut es, Südkorea und Israel auch: Die Bewegungsprofile von Corona-Erkrankten und ihren Kontaktpersonen werden via Handydaten ausgewertet und beobachtet. Aus europäischer Sicht ein starker Eingriff in die Grundrechte. Dennoch unternimmt Österreich einen ersten Schritt in diese Richtung.
Nachdem Österreich die Bewegungsfreiheit seiner Bürgerinnen und Bürger drastisch eingeschränkt hat, will die Regierung den Nutzen dieser Maßnahmen auswerten. Hierbei greift sie auf Handydaten des Mobilfunkanbieters A1 zurück, wie die "Kronen Zeitung" berichtet. Der Krisenstab könne daraus ableiten, ob Erkrankte und deren direkte Kontaktpersonen ihre sozialen Kontakte reduziert haben oder nicht.
Dem Bericht zufolge verringerte sich der durchschnittliche Bewegungsradius um rund 40 bis 50 Prozent. Dem Wiener "Standard" sagte ein Sprecher von A1, dem landesweit größten Mobilfunkanbieter, dass sein Unternehmen die Bewegungsprofile sammele, auswerte und der Regierung liefere. Die Daten würden anonymisiert. Die Regierung bekäme keine Kundendaten. Zudem würden nur Gruppen ab 20 Personen verfolgt. Der Bericht des "Standards" weckt dennoch große Zweifel an der Rechtmäßigkeit so einer Maßnahme.
Auch in Deutschland denken Wissenschaftler bei Virus-Eindämmungsstrategien über Handydaten nach. Sie könnten etwas über den Bewegungsradius und Kontakte infizierter Menschen verraten oder verhindern, dass jemand unberechtigt in Quarantäne kommt. Der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, hatte Anfang März erläutert, technisch wäre so etwas möglich. Die Frage sei aber, wie eine mögliche Nutzung ethisch, moralisch, rechtlich und vom Datenschutz her einzuordnen sei.
Bundesregierung skeptisch
Die Bundesregierung war - zumindest vor zehn Tagen noch - skeptisch solchen Überlegungen gegenüber. Solche Planungen gebe es nicht, sagte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums. Das Innenministerium erklärte, mit Standortdaten-Auswertungen lasse sich die jeweilige Funkzelle bestimmen, in der sich ein Telefon zu einer Zeit aufgehalten habe. Es sei aber schwer vorstellbar, dass man daraus ableiten könne, wer mit wem Kontakt hatte und wer nicht.
In China hatte die Regierung einen "Volkskrieg" gegen das Virus ausgerufen, weshalb Technologie-Riesen wie Alibaba und Tencent Handy-Apps auf den Markt brachten, die die Bewegungen eines Reisenden bis zu einem Monat zurückverfolgen konnten. Die Benutzer wurden als grün, gelb oder rot eingestuft, je nachdem, wie nah sie einer Hochrisikozone kamen.
Auch Südkorea verfolgt seine Bürgerinnen und Bürger über deren Smartphone und erstellt, wie der "Standard" berichtet, Bewegungsprofile unter Zuhilfenahme von Bankkartendaten und öffentlicher Videoüberwachung. Israel versucht, die Corona-Ausbreitung in den Griff zu bekommen, indem Infizierte über ihr Handy markiert und überwacht werden. China und Südkorea meldeten zuletzt große Fortschritte.
Quelle: ntv.de, shu/dpa