In guter körperlicher Verfassung Waffenruhe: Hamas lässt drei israelische Geiseln frei
19.01.2025, 16:15 Uhr
Die ersten 3 von 33 israelischen Geiseln im Gazastreifen sind nach Medienberichten von der Hamas an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz übergeben worden. Es handelt sich bei ihnen um die Zivilistinnen Romi Gonen, Emily Damari und Doron Steinbrecher.
Das Rote Kreuz hat die israelische Armee einem Medienbericht zufolge informiert, dass die drei von der Hamas übergebenen Geiseln in guter körperlicher Verfassung sind. Die israelische Nachrichtenseite ynet berichtete, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) habe diese Information übermittelt, nachdem die Zivilistinnen Romi Gonen, Emily Damari und Doron Steinbrecher in Gaza von der Terrororganisation Hamas freigelassen worden waren. Die Frauen sollten in Kürze an das Militär übergeben und von dort in eine Einrichtung am Rande des Gazastreifens gebracht werden, wo ihre Mütter auf sie warten. Emilys Mutter, Mandy Damari, sagte laut "Sky News": "Emilys Albtraum ist vorbei".

Der Moment, in dem das Internationale Rote Kreuz die drei israelischen Frauen übernimmt.
(Foto: REUTERS)
Auf Fernsehbildern war zuvor zu sehen, wie die drei Frauen in einem Fahrzeug in Gaza von einer großen Menge umringt wurden. Bewaffnete Hamas-Mitglieder begleiteten die Frauen und drängten die Menschen zurück. Die Geiseln stiegen aus dem Fahrzeug aus.
Der israelische Staatspräsident Izchak Herzog sprach von einem "Tag der Freude und des Trostes". Die drei Frauen Romi Gonen, Emily Damari und Doron Steinbrecher seien "so geliebt und vermisst" worden. "Eine ganze Nation freut sich über eure Rückkehr", sagte Herzog nach Angaben seines Büros. Nun beginne eine "herausfordernde Reise der gemeinsamen Genesung und Heilung".
Terroristen hatten die Frauen während des Massakers in Israel am 7. Oktober 2023 verschleppt und seitdem im Gazastreifen festgehalten. Für die drei Frauen sollen später rund 90 palästinensische Häftlinge - vor allem Frauen und Minderjährige - aus israelischen Gefängnissen entlassen werden.

Die Gesichter der Hamas-Geiseln: Nach Angaben der israelischen Initiative "Bring them home now" ist der Verbleib von 85 Menschen noch ungeklärt.
(Foto: © bringthemhomenow.net)
Romi Gonen wurde vom Nova-Musikfestival nahe der Grenze zum Gazastreifen entführt und dabei verletzt. Der Vater der 24-Jährigen sagte der Nachrichtenseite ynet vor der Freilassung, die Familie habe mehr als 11.000 Stunden auf diesen Moment gewartet.
Die beiden anderen Frauen wurden aus ihren Häusern im Kibbuz Kfar Aza als Geiseln entführt. Emily Damari hat neben der israelischen auch die britische Staatsbürgerschaft. Doron Steinbrecher besitzt zusätzlich die rumänische Staatsangehörigkeit.
Geiseln sollen Familien in Krankenhaus treffen
Vom internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) sollen sie einer Spezialeinheit der israelischen Armee übergeben werden. Von dort sollen die Frauen für eine erste Untersuchung zu einer Armeeeinrichtung nach Israel in Gaza-Grenznähe gebracht werden und dort ihre Mütter treffen. Per Hubschrauber sollen sie schließlich in eine Klinik bei Tel Aviv überführt werden und dort weitere Angehörige treffen.
Bundeskanzler Olaf Scholz fordert weitere Freilassungen. "Heute ist ein Tag der Freude: Endlich sind weitere Geiseln der Hamas freigekommen und wieder mit ihren Familien vereint", schrieb Scholz auf der Plattform X. Diesem ersten Schritt müssten weitere Folgen. "Alle Geiseln müssen freikommen und es muss rasch mehr humanitäre Hilfe in den Gazastreifen gelangen."
Außenministerin Annalena Baerbock schrieb auf X: "Erleichterung und Trauer liegen heute nah beieinander: Pure Erleichterung, dass Geiseln nach 471 Tagen ihren Liebsten in die Arme fallen. Aber auch Trauer über die Gewissheit, dass nicht alle das Grauen überlebt haben." Sie denke besonders an jene immer noch Verschleppten und deren Familien.
Im Gazastreifen werden nun noch 94 aus Israel Verschleppte festgehalten. In den kommenden sechs Wochen, der ersten Phase des Deals, sollen noch 30 weitere Geiseln freigelassen werden. In einer Woche sollen zunächst weitere vier Entführte freikommen. Die mit Hilfe der Vermittler Katar, Ägypten und USA in monatelangen zähen Verhandlungen ausgehandelte Vereinbarung sieht zudem vor, dass im Austausch gegen die Geiseln in Israel inhaftierte Palästinenser aus dem Gefängnis entlassen werden sollen. Israel hatte am Freitag die Zahl von 737 palästinensischen Häftlingen genannt, nach ägyptischen Angaben sind es 1890 palästinensische Gefangene.
Weitere Schritte geplant
Zuvor war am Vormittag im Gaza-Krieg eine vorübergehende Waffenruhe in Kraft getreten. In den nächsten Wochen wollen Hamas und Israel über weitere Schritte verhandeln. Ziel ist der vollständige Rückzug des israelischen Militärs aus Gaza und die Freilassung der letzten Geiseln. Wird keine Einigung erzielt, könnten die Kämpfe weitergehen.
Mit ihrem beispiellosen Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023 hatten die radikalislamische Hamas und mit ihr verbündete Gruppen den Krieg im Gazastreifen ausgelöst. Dabei wurden israelischen Angaben zufolge 1210 Menschen getötet, 251 Geiseln wurden in den Gazastreifen verschleppt.
34 der 94 der Verschleppten sind laut der israelischen Armee tot. Unter den verbliebenen Geiseln befindet sich auch eine niedrige zweistellige Zahl von Menschen mit Deutschland-Bezug, wie es aus dem Auswärtigen Amt hieß.
Große Teile des von den Palästinensern bewohnten Gazastreifens liegen in Schutt und Asche. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde kamen mehr als 46.900 Menschen ums Leben. Wie viele davon Zivilisten und wie viele Kämpfer sind, sagt sie nicht.
IKRK: Menschen brauchen noch lange Hilfe
Das IKRK mahnte, den jetzigen politischen Impuls fortzuführen. Das Abkommen sei ein wichtiger Schritt, aber damit sei es nicht getan, sagte die IKRK-Präsidentin Mirjana Spoljaric jüngst. "Den unermesslichen humanitären Bedürfnissen muss nachgekommen werden und das wird Monate, wenn nicht gar Jahre in Anspruch nehmen." Die Organisation sei jedenfalls auf eine Ausweitung der humanitären Hilfe vorbereitet, so Spoljaric.
Im Zuge einer Waffenruhe Ende November 2023 hatte die Hamas 105 Geiseln freigelassen. Im Gegenzug entließ Israel damals 240 palästinensische Häftlinge aus Gefängnissen.
Quelle: ntv.de, als/dpa/AFP