"Timing doch speziell" Russisches Spezialschiff war kurz vor Nord-Stream-Explosion vor Ort
28.04.2023, 01:45 Uhr Artikel anhören
Das dänische Militär bestätigt, dass Bilder der "SS-750" nahe der später beschädigten Pipelines existieren.
(Foto: IMAGO/TT)
Ende März gibt es erste Berichte über Schiffe, die vor den Explosionen der Nord-Stream-Pipelines in der Nähe der späteren Tatorte gesichtet worden seien. Jetzt bestätigt das dänische Militär, dass die "SS-750" unterwegs war - ein russisches Schiff, speziell für Unterwasser-Einsätze gebaut.
Wenige Tage vor den Nord-Stream-Explosionen in der Ostsee hat sich nach Angaben des dänischen Militärs ein russisches Spezialschiff für Unterwasseroperationen in der Nähe der Detonationsorte befunden. Das dänische Verteidigungskommando bestätigte der Zeitung "Information", dass ein Patrouillenschiff am 22. September 2022 östlich der Insel Bornholm 26 Bilder von der "SS-750" gemacht habe. Vier Tage später war es nahe Bornholm zu mehreren Explosionen an den Pipelines gekommen. Die Behörden gehen von Sabotage aus.
Wer dafür verantwortlich ist, konnte bislang nicht geklärt werden. In Deutschland, Dänemark und Schweden laufen Ermittlungen. Deutsche Regierungspolitiker warnen immer wieder vor voreiligen Schlüssen und mahnen dazu, ein Ende der Untersuchungen abzuwarten. Moskau hatte kurz nach dem Anschlag die "Angelsachsen" - also Briten und Amerikaner - verantwortlich gemacht. Bereits Mitte April hatte "Information" berichtet, dass das dänische Patrouillenboot "P524 Nymfen" am 22. September insgesamt 112 Fotos von russischen Schiffen in der Nähe der Leitungen gemacht habe.
T-online hatte Ende März unter Berufung auf Informationen aus Sicherheitskreisen und öffentlich einsehbare Daten berichtet, dass russische Militärschiffe wenige Tage vor den Anschlägen auf die Pipelines mutmaßlich an den Tatorten operiert hätten - darunter auch die "SS-750". Außerdem seien die Schlepper "SB-123" und "Alexander Frolow" gesichtet worden, beide sind mit Lastkränen ausgestattet.
Die "SS-750" ist ein U-Boot-Unterstützungsschiff und verfügt über ein Mini-U-Boot mit Greifarmen, die bis zu 50 Kilo Last bewegen können. Das Schiff sei gerade für Unterwassereinsätze konzipiert, sagte der schwedische Forscher und Geheimdienstexperte Joakim von Braun zu "Information". Ein weiterer Experte, Oliver Alexander, wurde in dem Bericht mit den Worten zitiert, das Schiff könne theoretisch auch aus anderen Gründen in der Gegend gewesen sein. "Aber das Timing, zu diesem Zeitpunkt genau an diesem Ort zu sein, das ist doch speziell", sagte er.
Ukraine weist Spekulationen zurück
Im März hatten Medien in Deutschland, den USA und Großbritannien Hinweise auf den möglichen Tathergang veröffentlicht. Demnach soll eine sechsköpfige Gruppe mit gefälschten Pässen eine Jacht gemietet und unbemerkt die Sprengsätze in gut 80 Meter Wassertiefe gelegt haben. Die Medien hatten über eine mutmaßliche Beteiligung einer pro-ukrainischen Gruppe spekuliert. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wies eine Beteiligung der Ukraine als "lächerlich" zurück.
Ende September waren nach Explosionen nahe Bornholm insgesamt vier Lecks an den beiden Pipelines von Russland nach Deutschland entdeckt worden. Die schwedischen Sicherheitsbehörden hatten im November festgestellt, dass es sich um schwere Sabotage gehandelt habe.
Quelle: ntv.de, ino/dpa